Für ein freundliches 2023
Beginnen wir mit der etwas unfreundlichen Frage: Sind Sie ein freundlicher Mensch? Also, so richtig – einer, der täglich am liebsten die ganze Welt umarmen und anlächeln möchte? Das dürften die Wenigsten bejahen können, obwohl sie dies sogar möchten.
Gehen wir also noch einen Seelenstock tiefer und überlegen uns, wann es uns leicht fällt, freundlich zu sein und wann nicht. So können wir die vorhandene Begabung bewusst pflegen und für Andere einsetzen; und wo ein Manko herrscht, nicht verzweifeln und Gott und Mitmensch um Hilfe und Nachsicht bitten und vielleicht sogar etwas verbessern.
Ok, mal gut zu wissen, dass wir freundlich sein können. Und Freundlichkeit ist ja nicht nur oberflächlich. Man könnte es als eine Gesinnung und Handlung bezeichnen, die den anderen wohltun will.
Kamera provoziert Freundlichkeit
Eine kleine Fallstudie kann man sich bei Leuten vor der Kamera holen; besonders bei Neulingen, die noch nicht so geübt sind mit der freundlichen Ausstrahlung. In den letzten Jahren konnte der Zuschauer beispielsweise bei der aktuellen Skifahrerin Corinne Sutter oder der Meteo-Sprecherin im SRF, Nicole Glaus, gut beobachten, wie sie die Anfangsschwierigkeiten hinter sich gelassen haben. Heute legen beide einen angenehmen Auftritt hin. Auch bei Politikern sieht man dasselbe immer wieder.
Natürlich ist es eine etwas künstliche Situation und dem Bewusstsein geschuldet, dass hinter der Kamera hunderte oder gar tausende Zuschauer sind. Doch ist es auch allgemein gültig, dass eine positive Ausstrahlung lernbar ist. Und ein wohl unerlässliches Zeichen für den Erfolg ist dabei ein lächelndes Gesicht.
Da hilft nur … bitten!
Ja, wir dürfen Gott um mehr Freundlichkeit bitten. Aber danken macht fröhlicher als bitten, oder besser: Wenn der Heilige Geist bereits die ganze Frucht in uns platziert hat, dürfen wir danken, dass sie noch mehr zum Tragen kommt.
«Da hilft nur beten!» bedeutet etwa, dass der Mensch am Anschlag ist und höhere Hilfe benötigt. Dies entspricht der geistlichen Gesetzmässigkeit, dass der «Homo sapiens» begrenzt ist und die Unterstützung Gottes erst so richtig wirkt, wenn er das auch zulässt. Ins gleiche Sprachröhr stösst allerdings auch die Volksweisheit: «Hilf dir selbst, so hilft dir Gott», was wörtlich übernommen soviel bedeutet wie: «Mensch, gib dir Mühe, freundlich zu sein und Gott wird das Seinige dazutun.»
Meine Grenzen sind Gottes Möglichkeiten
Es ist wohltuend, zu unseren Grenzen und Schwächen stehen zu dürfen und so entspannt durchs Leben zu gehen und zu wissen, dass da noch mehr ist als nur meine eigene Freundlichkeit.
Dieses Paradox hat bereits Paulus in treffende Worte gefasst: «Doch der Herr hat zu mir gesagt: 'Meine Gnade ist alles, was du brauchst, denn meine Kraft kommt gerade in der Schwachheit zur vollen Auswirkung.' Daher will ich nun mit größter Freude und mehr als alles andere meine Schwachheiten rühmen, weil dann die Kraft von Christus in mir wohnt.» (2. Korinther Kapitel 12, Vers 9 NGÜ) Also: Meine Grenzen sind Gottes Möglichkeiten.
Unfreundlicher Experte: «Eigennutz hilft»
Ein Interview von «Das Magazin» offenbarte Erkenntnisse des Anthropologie-Professors Daniel M.T. Fessler, der aktuell das «Bedari Kindness Institute» leitet. Er bezeichnete sich selber als nicht freundlichen Menschen, konnte jedoch dazulernen und ist überzeugt, dass nun sein ganzes Umfeld durch diesen Prozess positiv beeinflusst wird, da «ein achtsamer Umgang mit den eigenen Reaktionen auf andere das eigene Leben und das der Menschen um einen herum tatsächlich verbessern kann».
Er betonte, dass der freundlich Agierende selber von den Reaktionen der Beschenkten profitiert. Es gäbe ein Gesetz der «Elevation», was etwa das Gegenteil vom sogenannten negativen «Teufelskreis» ist. Durch die fröhliche, oder berührte Gegenreaktion, wenn man jemandem beispielsweise ein Kompliment macht, entsteht ein Aufwärtsstrudel.
Der Experte bestätigte auch, dass man Freundlichkeit einerseits vererbt erhält, sie aber auch zu einem gewissen Mass lernbar ist. Dies sei entlastend für diejenigen, die sich mit der «natürlichen Freundlichkeit» eher schwer tun, beziehungsweise bei der Gabenverteilung da etwas abseits standen. Good News: Es gibt motivierende Möglichkeiten zur Verbesserung.
Geistesfrucht wächst zum Genuss
Natürlich braucht es einen gewissen Effort, doch sind die Grundvoraussetzungen, wie bei einem Samen gegeben. Wir sind lediglich dafür zuständig, dass wir mit dem Rebstock (ein biblisches Bild) verbunden sind und diese Verbindung bewusst pflegen, daraus entstehen dann Früchte – oder die sogenannte Geistesfrucht, wobei «Freundlichkeit» ein Teil davon ist.Wir dürfen also mit allen Beeren dieser Frucht rechnen, andrerseits können wir nicht einfach auf unseren Lorbeeren ausruhen und behaupten: «Ich bin halt eher der Gedulds-Typ oder der Friede-Typ. Freundlichkeit gehört nicht so in meinen Persönlichkeits-Bereich.» Denn wir dürfen alle Beeren der Traube für unser Leben beanspruchen.
Lächeln: Das kleinst mögliche Zeichen
Wenn wir praktisch sein wollen – und nicht zu grosse Hürden aufstellen – lächeln wir! Wobei sich beim grossen Bruder «Lachen» 80 Muskeln bewegen und beim Lächeln halt bloss die Gesichtszüge. Aber noch wichtiger: Im Gehirn ist dann die Region aktiv, in der sich Belohnungs- und Glücksgefühle tummeln. Also beschenken wir uns und unser Umfeld mit «Freundlichkeit herrscht!»
Datum: 16.02.2023
Autor:
Roland Streit
Quelle:
Livenet