Theologe und sozialer Aktivist

Tony Campolo mit 89 Jahren gestorben

Tony Campolo
In seinem Haus in Bryn Mawr, Pennsylvania, ist am Dienstag der bekannte Soziologe, Pastor, Autor und Redner Dr. Tony Campolo gestorben. Er galt als einer der einflussreichsten «Linksevangelikalen», die sich für soziale Gerechtigkeit einsetzen.

Mehr als sechs Jahrzehnte war Tony Campolo als Pastor, Professor, Autor von über 30 Büchern und fesselnder öffentlicher Redner und auf der ganzen Welt unterwegs. Er hielt im Jahr bis zu 500 Reden und war auch der geistliche Berater von Bill Clinton, mit dem er sein moralisches Fehlverhalten aufarbeitete.

Von Jugend auf kam Campolo als Sohn italienischer Einwanderer mit Armut in Kontakt. Schon sein Vater geriet mit dem evangelikalen Establishment in Konflikt, weil er mit seiner Familie eine nahegelegene schwarze Gemeinde besuchte. Später studierte und promovierte Tony in Soziologie.

Glaubensmässig bekannte er sich als Evangelikaler: «Ich habe mein Leben Jesus übergeben und ihm für meine Rettung vertraut, und seitdem bin ich ein überzeugter Evangelikaler», schrieb Campolo im Jahr 2015. «Ich glaube, dass die Bibel von Menschen geschrieben wurde, die vom Heiligen Geist inspiriert und geleitet wurden.»

Red Letter Christians

Später sagte Campolo dann, dass er die Bezeichnung «Evangelikaler» für sich ablehne. Er geriet regelmässig mit christlichen Konservativen aneinander, weil er deren Prioritäten für falsch hielt und immer wieder argumentierte, dass Christen eine politische Agenda unterstützen sollten, die den Armen helfen würde.

Campolo machte den Begriff «Red Letter Christian» – eine Anspielung auf die Art und Weise, in der die Worte Jesu in vielen Neuen Testamenten rot gedruckt sind – als Alternative zu «evangelikal» populär. «Wir glauben auch an die schwarzen Buchstaben und sind überzeugt, dass die ganze Bibel Gottes Wort ist. Aber Jesus ist die Brille, durch die wir die Bibel und die Welt, in der wir leben, interpretieren», heisst es auf der Website der Gruppe.

Campolo hielt eine solche Alternative für nötig, weil die Evangelikalen der guten Nachricht den Rücken gekehrt und sich der rechten Politik und der bequemen Konformität der Mittelklasse zugewandt hätten. «Es gibt 2'000 Verse in der Heiligen Schrift, die uns auffordern, uns um die Armen zu kümmern», sagte Campolo. Ausserdem würde Jesus die Menschen laut Matthäus 25 nach ihrem sozialen Verhalten und ihrer praktischen Nächstenliebe richten.

Der Traum vom Vermächtnis

Campolo hoffte, dass sein bleibendes Vermächtnis die Menschen seien, die er zu einem vollzeitlichen Dienst inspiriert habe. Er schätzte, dass vielleicht 10'000 oder mehr durch seine Tausenden von Reden in den Dienst gerufen wurden.

«Als lebenslanger öffentlicher Redner und Organisator von Diensten arbeitete er unermüdlich daran, eine Kombination aus biblischem Glauben und von Jesus inspirierter Fürsorge für die Armen zu fördern, die im Volksmund als Red Letter Christianity bekannt ist. Bekannt für seine charismatische Erzählweise und seine einzigartige Fähigkeit, Humor mit tiefen theologischen Einsichten zu verbinden, war er ein gefragter Hauptredner bei Kirchen, Konferenzen und Grossveranstaltungen in aller Welt», schreibt seine Familie in der Todesanzeige auf Facebook.

Zum Thema:
Just people-Kurs: Gerechtigkeit im Alltag leben
Faix über verstorbenen Theologen: «Ron Sider war das linke Gewissen der US-Evangelikalen»
«Glaube.Klima.Hoffnung.»: Wie Armut und Klimawandel die Gläubigen bewegen

Datum: 22.11.2024
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Christian Post / Christianity Today

Verwandte News
Werbung
Werbung
Livenet Service