Liebst du mich?
Petrus hatte heftig versagt. Was für ein «Held»! Erst die grosse Klappe haben und dann nichts dahinter. Ich gehe mit dir sogar in den Tod! – so hat er es Jesus versprochen (vgl. Markus Kapitel 14, Vers 31). Nur Stunden später hört man von ihm (vgl. Markus 14,66ff): «Ich kenne diesen Menschen nicht!» Wie kann man nur? So ein Versager! Wie kann er das jemals wieder gut machen?
Ich habe versagt – und was dann? Wie kann ich wieder gut machen, was ich versäumt habe? Wie kann ich richtig stellen, was falsch gelaufen ist? Und überhaupt: Kommt es nicht vor allem darauf an, dass ich das Richtige tue, richtig glaube und insgesamt einfach «richtig bin»?
Ich erinnere mich an Gespräche mit Christen, die sich mit vielen Fragen quälen. Irgendwie ist da immer das Gefühl, nicht zu genügen und letztlich vor Gott nicht bestehen zu können. Jesus ist für sie irgendwie der grosse Aufpasser und sie müssen alles richtig machen. Es ist so anstrengend, so belastend. Da ist so viel Gesetz. Sie spüren so wenig von dem, was Jesus versprochen hat: Freude, Freiheit, Leben. In diesen Gesprächen schwingt oft ganz viel Prägung mit – von früher, vom Elternhaus, von der Gemeinde, von Kinderstunde und Jugendkreis.
In einem dieser Gespräche durchzuckte es mich geradezu: Was für ein Geschenk ist es, dass ich diese Last nicht tragen muss! Es ging mir auf wie ein Kronleuchter: Die grosse Freude meines Glaubens hat tiefe Wurzeln. Als junge Erwachsene war ich über viele Jahre im Schniewindhaus, einem Seelsorge- und Erholungsheim in der Nähe von Magdeburg, zu Gast. Dort hörte ich unzählig viele Predigten und Bibelarbeiten und wurde von einer dort lebenden Schwester seelsorgerlich begleitet. Der Klang der Verkündigung war geprägt von der Beziehungsfrage zwischen Gott und mir und fast jedes Gespräch endete mit eben dieser Frage: Hast du Jesus lieb? Liebst du ihn? Diese Frage wurde zum Wurzelgrund meines Lebens als Christ, einem absolut guten Wurzelboden, wie mir inzwischen bewusst geworden ist.
Liebe und Freiheit
In dieser Frage begegnete mir die Zuwendung von Jesus selbst. Er wurde für mich nicht der, der erwartet, dass ich alles richtig mache – sondern der, der sich meine Liebe wünscht. Und Liebe führt in die Freiheit. Mich drängte es förmlich immer wieder, auf die Frage nach der Liebe zu antworten: «Ja, Herr, ich hab dich lieb!»
Im Johannesevangelium, Kapitel 21 ab Vers 15 wird uns erzählt, wie Jesus, der Auferstandene, Petrus wieder begegnet. Was wir im Deutschen nicht wahrnehmen können: Jesus fragt Petrus zunächst mit dem Wort agapas nach seiner Liebe – was diese göttliche Liebe meint, die bereit ist, alles hinzugeben. Petrus antwortet mit philo, der freundschaftlichen Liebe. Das «Grossspurige» ist ihm vergangen. Und die Liebe braucht das nicht.
Der kleine unscheinbare Satz «Ich liebe dich» tief im Herzen verankert, kann unseren Glauben und unser Leben für immer verwandeln. Während ich mit der Absicht, alles richtig zu machen, viele Niederlagen ernte, weil das Versagen allzu normal ist, darf ich als Liebende Frucht empfangen. Ich erlebe Freiheit. Liebe entlässt mich nicht in die Beliebigkeit meines eigenen Willens. Sie führt mich dahin, wo der Geliebte ist und weckt in mir die Sehnsucht, seine Wünsche zu erfüllen. Sie führt in die Hingabe. Da ist immer auch Schmerz. Ja, Hingabe hat einen Preis, denn Liebe und Schmerz gehören zusammen. Aber daraus wächst Frucht – und das ist so kostbar.
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