Gott, die Welt und wir selbst

Unterwegs auf dem Such-Weg

Waldweg
Gott ist keinem von uns fern. Wir können ihn ertasten, suchen und finden. Glaube ist ein Such-Weg, auf dem wir Gott, die Welt und uns selber entdecken können. Einige Gedankenanstösse Ruth Maria Michel.

«Gott hat aus einem einzigen Menschen das ganze Menschengeschlecht erschaffen, damit es die ganze Erde bewohne. ... Sie sollten Gott suchen, ob sie ihn ertasten und finden könnten; denn keinem von uns ist er fern.» (Apostelgeschichte Kapitel 17, Verse 26-27)

Wer Gott sucht von ganzem Herzen, von dem lässt er sich finden. Gott suchen bedeutet jedoch nicht, die berühmte «Nadel im Heuhaufen» suchen zu müssen, wo das Finden eine reine Glückssache ist, denn Gott ist keinem Menschen fern. Er ist nicht weit weg. Wie wenn die Sonne hinter den Wolken scheint, ist er aber nicht immer gefühlsmässig erfahrbar.

«Auch wenn du es nicht siehst...»

«Denn in ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir, wie auch einige von euren Dichtern gesagt haben: Wir sind von seiner Art.» (Vers 28)

Einige Meeresfische sprachen miteinander: «Man behauptet, dass unser Leben vom Wasser abhängt. Aber wir haben noch niemals Wasser gesehen. Es gibt kein Wasser.» Aqui, ein kleiner neugieriger Fisch, sagte: «Ich habe gehört, dass Juno ein grosser, gelehrter Fisch sei, der alle Dinge kennt. Ich werde ihn fragen, was Wasser ist und ob es Wasser überhaupt gibt.» Als er Juno, den Wal, gefunden hatte, sagte dieser zu ihm: «Leg dich auf meinen Rücken.» Darauf begann der Wal höher und immer schneller zu steigen, bis er aufgetaucht war und wie ein Berg aus dem Wasser ragte. So blieb er an der Oberfläche liegen und rührte sich nicht. Dem kleinen Fisch Aqui schien der Kopf zu zerspringen. Er zappelte auf dem Rücken des Wals, und es war ihm, als müsste er in der Sonne braten und sterben. «Oh, wenn ich doch im Wasser geblieben wäre!», zuckte es ihm durch seinen kleinen Fischkopf – und dann konnte er sich an nichts mehr erinnern. Als er wieder aufwachte, lag er auf dem Grund des Meeres neben dem Wal Juno. «Na, weisst du jetzt, ob es Wasser gibt?», fragte ihn der Wal und zwinkerte mit seinen Fischaugen. «Das Wasser hat mich immer umgeben, und ich wusste es nicht», sagte Aqui erstaunt. Juno sagte: «Im Wasser lebst und bewegst du dich. Das Wasser ist dein Lebenselement – auch wenn du es nicht siehst.»

Gott ist des Menschen Element

Der Fisch ist in seinem Element, wenn er im Wasser ist; wenn er kurz kein Wasser hat, worin er sein kann, verendet er. Ein Steinbock gehört in die Berge. Er kann in einem Tiergarten überleben oder im Flachland. Aber das ist nicht ein Leben, zu dem er von seinen physiologischen Voraussetzungen her geschaffen worden ist. Er ist dann «nicht in seinem Element» – es fehlt ihm etwas zu seinem «Steinbockglück»...

In Verbindung mit Gott ist der Mensch in seinem Element. Es gehört zum Menschsein, dass er in Verbindung mit Gott ist. Ist er nicht in Verbindung mit Gott, verkümmert folglich etwas vom Menschsein: das Menschsein kann sich nicht voll entfalten.

Wir sind von Gottes Art ...

Der Mensch lebt nicht nur (bewusst oder unbewusst) mit Gott, er ist auch von «Gottes Art». Er ist nicht Gott und kann auch nicht Gott werden. Aber er ist «von Gott genommen», «aus Gott entsprungen», «Gottes Abbild», er «stammt von Gott»(1. Mose Kapitel 1 und 2).

Ich bin von Gottes Art, ich bin Gottes Abbild: welche Würde! Und jeder Mitmensch ist von Gottes Art, ist Gottes Abbild. – Auch jener, mit dem ich Mühe habe; auch der, der mich immer wieder verletzt, den ich nicht ausstehen kann...

«Da wir also von Gottes Art sind, dürfen wir nicht meinen, das Göttliche sei wie ein goldenes oder silbernes oder steinernes Gebilde menschlicher Kunst und Erfindung.» (Vers 29)

«Du sollst Dir kein Bildnis machen von Gott.» Das heisst: Du sollst Gott nicht wie ein Bild in einen fixen Rahmen «einsperren». Du sollst dir kein unveränderbares Gottesbild zulegen.

Welches Gottesbild prägt mich? Hat sich dieses Gottesbild im Verlaufe meines Lebens verändert? Wenn ja, wie?

Das gültige Bild, das wir uns von Gott machen dürfen und sollen, ist Jesus Christus, der gesagt hat: «Wer mich sieht, sieht den Vater». Wenn ich also wissen will, wer und wie Gott ist, ist es unumgänglich, Jesus kennenzulernen. Wenn ich Gott suchen will (vgl. Vers 27), ist Jesus der letztgültige Weg, ihn zu finden.

«Gott, der über die Zeiten der Unwissenheit hinweggesehen hat, lässt jetzt den Menschen verkünden...» (Vers 30a)

Heute ist der Tag!  Warum das Suchen herausschieben? Was hindert mich, jetzt mit Gott zu leben? Heute, neu oder wieder damit anzufangen, aus meiner «Gott-losigkeit» aufzutauchen?

... dass überall alle... (Vers 30b)

Das Evangelium ist allumfassend, den ganzen Erdkreis betreffend: überall. Das Evangelium gilt allen Menschen – keiner ist ausgeschlossen. Freue ich mich, anerkenne ich, ziehe ich die Konsequenzen, dass «das Evangelium von Jesus und von der Auferstehung» auch mir gilt? Und meinen Nachbarn, und meinen Arbeitskolleginnen …

... umkehren sollen (Vers 30c)

Umkehren, Busse tun (griechisch metanoeo) heisst: den Sinn ändern, umdenken, die Richtung ändern – weg von dem, was nicht lebensfördernd ist. Umkehr im biblischen Sinn ist immer zielbezogen: etwas verlassen, um dafür etwas anderes zu tun, nämlich mich auf Gott auszurichten. Und das hat auch mit meinem Lebensstil zu tun.

Wo bin ich konkret «umkehr-bedürftig»? Was hindert mich daran, heute umzukehren von Lebens-hinderndem? Was spricht mich an? Wo bin ich auf diesem Such-Weg? Wann bin ich «im Element»?

Dieser Artikel erschien bei Forum integriertes Christsein

Zum Thema:
Christlicher Glaube: Vom Suchen und Finden
Spiritualität: Wie kann ich Gott finden?
Kraftvolle Worte: Erkenne deinen Wert

Datum: 04.11.2024
Autor: Ruth Maria Michel
Quelle: Forum integriertes Christsein

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