In der Stille Kraft tanken
Kennen Sie das auch, dass Ihnen die besten Gedanken unter der Dusche kommen? Das geschieht, weil das Gehirn, wenn es nicht beschäftigt ist, Informationen verknüpft. Plötzlich entdeckt man Lösungen, die man vorher nicht sah. Man war einfach zu beschäftigt, um gute Ideen zu entwickeln. Das Problem bei mir ist nur, dass ich dann gleich Lust habe, die neuen Ideen umzusetzen. Dann ist es mit der Stille natürlich wieder vorbei...
Der eigenen Seele auf die Spur kommen
Neben den guten Gedanken, die in der Stille auftauchen, helfen stille Momente auch, der eigenen Seele auf die Spur zu kommen. Wenn man zur Ruhe findet, spürt man, was einen bewegt. Deshalb meiden manche Menschen die Stille. Sie halten sich ständig beschäftigt, weil sie fürchten, dass sonst nicht zu bewältigende Gefühle an die Oberfläche treten.
Diese Gefahr droht jedoch nur, wenn man lange vieles verdrängt hat. Wer sich regelmässig Zeiten der Stille gönnt, kann inneren Müll zeitnah entsorgen. Und sich, wo nötig, Trost und Hilfe suchen. Wenn man das versäumt, staut sich vieles an. Für viele Menschen gehört deshalb auch das Gebet zu Zeiten der Stille – das Aussprechen der Sorgen und Lasten vor Gott, das Bitten um Hilfe und das innere Hören auf inspirierende Impulse.
Erholung durch Stille
Und man erholt sich in der Stille. Am besten für die Lebensenergie ist es, wenn man Ruhezeiten regelmässig einplant. Ich mag das Konzept des Sabbats: «Am siebten Tage sollst du ruhen.» Nicht als Zwang, sondern als Möglichkeit.
Wie die Ruhe gestaltet wird, kann verschieden sein. Jeder Mensch hat andere Ruhemuster. Der eine kann runterfahren, indem er aktiv ist, Sport treibt und sich auspowert. Für einen anderen ist die vollständige Passivität der richtige Weg, um zur Ruhe zu finden.
Eine Bekannte von mir sitzt oft nur auf einem Stuhl und tut nichts. Gar nichts. Stundenlang. Das tut ihr gut. Eine andere Freundin geht oft lange im Wald spazieren. Die neueste Gehirnforschung hat belegt, dass Bewegung aktiv zum Abbau von emotionalen Stress führt. Dem Raum zu geben, ist auf jeden Fall gut.
Konzentration auf etwas anderes oder die Seele baumeln lassen?
Wieder andere brauchen entspannte Begegnung mit anderen Menschen, um Stress abzubauen. Und dann gibt es noch die Menschen, die Kraft schöpfen, indem sie sich intensiv auf etwas anderes konzentrieren – sei es die Modelleisenbahn, ein Kunstwerk oder ein Puzzle.
Mir selbst tut es nach anstrengenden Zeiten gut, einen Tag nur zu trödeln. Ohne festen Plan hier und da etwas Kramen, Aufräumen, Lesen, Schlafen, Teetrinken – das füllt meine Tanks wieder auf.
Was für den einen wohltuend ist, kann für einen anderen Menschen sehr stressig sein. Deshalb gibt es keine Pauschalantworten, wie man am besten zur Ruhe findet. Es ist hilfreich, für sich selbst zu entdecken, was das ist. Hauptsache ist, dass man regelmässig Zeiten hat, in denen Körper und Seele regenerieren können. «Am siebten Tage ruhte Gott» – das war keine schlechte Idee. Und es tut uns gut, wenn wir es ihm nachmachen.
Wir können es geniessen, nichts tun zu müssen. Der Computer bleibt aus, die Arbeit bleibt liegen. Die Seele baumelt. Die Gedanken im Kopf und auch der Körper finden zur Ruhe. Es ist eine Zeit der Freiheit.
Praxistipps:
■ Plane: Was hilft dir, zur Ruhe zu finden? Wann und wie kannst du kürzere und längere stille Zeiten in dein Leben einbauen? Gönne dir am besten gleich nach dem Lesen dieses Artikels ein paar Momente Ruhe.
■ Notiere: Habe Schreibzeug griffbereit, wenn du zur Ruhe kommen willst. So kannst du Gedanken notieren und hast Kopf und Herz wieder frei.
Dieser Artikel erschien im August 2019 bei Livenet.
Zum Buch:
Kerstin Hack & Birgit Schilling: Stille finden. Aus der Ruhe leben lernen
Zum Thema:
Erholung: jetzt: Was die Bibel zu Relaxen, Ruhe und Rückzug sagt
Was tun, was lassen?: Die Kunst des Ausruhens
Achtung, Stressfallen!: Wie man entspannter durchs Leben kommt
Datum: 22.10.2024
Autor:
Kerstin Hack
Quelle:
Jesus.ch