Leckere Fischsosse

Ältester christlicher Privatbrief «entdeckt»

Ein Papyrus-Brief aus der Antike wirft ein neues Licht auf das Leben der ersten Christen in Ägypten. Sie waren viel stärker Teil der Gesellschaft als bisher gedacht.
Die christliche Grussformel am Schluss des Briefs verrät die Gesinnung des Schreibenden.

Der Brief mit der Bezeichnung «Papyrus P.Bas. 2.43» wurde nicht kürzlich gefunden, sondern lag seit über hundert Jahren im Archiv der Universität Basel. Doch erst vor kurzem wurde er von Professor Sabine Hübner im Rahmen eines Forschungsprojektes wissenschaftlich ausgewertet. Dass der Schreiber des Briefes ein Christ war, lässt sich an der Grussformel am Ende des Briefes klar erkennen.

Grussformel «verrät» den christlichen Schreiber

In dem Brief wünscht der Schreiber Arrianus seinem Bruder Paulus, dass es ihm wohlergehen werde «im Herrn». Er verwendet die abgekürzte Schreibweise der christlichen Formel «Ich bete, dass es Dir gut geht 'im Herrn'». Dazu Prof. Hübner: «Die Verwendung dieser Abkürzung – wir sprechen hier von einem sogenannten nomen sacrum – lässt keinen Zweifel an der christlichen Gesinnung des Briefschreibers.»

Prof. Hübner konnte den Brief auf die 30er Jahre des dritten Jahrhunderts, also um 230 n. Chr, datieren. Damit ist der Brief 40-50 Jahre älter als jeder andere bekannte christliche Privatbrief. Arrianus schreibt an seinen Bruder Paulus und bittet ihn «die beste Fischsosse», die er finden kann, mitzubringen. Dabei muss man wissen, dass Fischsosse das Allroundwürzmittel, das Maggi, der damaligen Zeit war, wie Hübner weiss.

Christ im Stadtrat

In dem Brief wird ein Verwandter erwähnt, der in den Stadtrat gewählt wurde. Prof Hübner hatte diesen Mann bereits in anderen Schriften gefunden und wisse daher, dass er im Jahr 239 bereits im Stadtrat sass. Deshalb müsse der Brief vorher entstanden sein.

Bemerkenswert ist für die Forscherin, dass die Brüder ihren Glauben mühelos mit dem Alltag als Mitglied der lokalen Oberschicht verbanden. Vor diesem Hintergrund müsse die Geschichte der ersten Christen teilweise umgeschrieben werden. Bislang habe man sich die Christen der damaligen Zeit in Opposition zu Gesellschaft und Obrigkeit vorgestellt, die für ihren Glauben litten und verfolgt wurden. Tatsächlich aber zeige der Brief, dass Christen am politischen Leben teilnahmen, reisten und Ländereien besassen und damit zur Oberschicht gehörten. Demgegenüber hätten Kirchenväter die Christen dieser Zeit als weltabgewandt und leidensbereit für ihren Glauben beschrieben. Das ist auch bis heute das vorherrschende Bild: Christen in Opposition zur Gesellschaft und Obrigkeit, die kaum Vermögen hatten und stets mit Gefängnis und Märtyrertod zu rechnen hatten.

Papyrussammlung der Universität Basel

Im Jahr 1900 war die Universität Basel eine der ersten deutschsprachigen Universitäten, die sich eine Papyrussammlung zulegte. Zu dieser Zeit boomte die Papyrologie. Der Brief gehört zu einem Archiv mit etwa 1'000 Papyri aus Fayum in Ägypten. Daraus seien erst rund 400 Papyri editiert.

Sabine Hübner, Professorin für Alte Geschichte und Leiterin des Fachbereiches an der Universität Basel, leitete die vom Schweizerischen Nationalfonds geförderte Forschungsgruppe zur Edition der Basler Papyrussammlung (2015–2018). Ihre Ergebnisse veröffentlichte sie in dem Buch «Papyri and the Social World of the New Testament». Zudem macht die Hochschule ihr Papyrus-Archiv online auf der internationalen Plattform papyri.info zugänglich.

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Datum: 17.07.2019
Autor: Norbert Abt
Quelle: Livenet

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