OSZE-Konferenz

Religionsfreiheit evangelischer Christen unter der Lupe

An der Sondersitzung für Religionsfreiheit der «Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa» (OSZE) hatten am 1. und 2. April diskriminierte Glaubensgemeinschaften Gelegenheit, ihre Klagen vorzubringen. Dabei wurden Fortschritte und Rückschritte bekannt.
Sprach ebenfalls auf der Konferenz in Wien: Ertugrul Apakan, Chef der OSZE-Sonderbeobachtermission in der Ukraine

Ein Thema waren in Wien die evangelischen Christen in der Türkei, deren diakonische Aktivitäten sich neuen Schikanen ausgesetzt sehen. Am meisten Lärm im Konferenzsaal der Wiener Hofburg machten jedoch die russischen Orthodoxen, die sich ebenso energisch wie lautstark über ihre angebliche Unterdrückung in der Ukraine beschwerten. Damit wollten sie offensichtlich die Beschwerden evangelischer Christen aus Russland und den von ihm besetzten Gebieten übertönen.

«Unerwünschte ausländische Organisationen»

Konkret wies die Moskauer Beobachtungsstelle für religiöse Konflikte und das Verhältnis von Glaubensgemeinschaften zum Staat (SOVA Center for Information und Analysis) auf den wachsenden Druck der russischen Behörden gegen «neoprotestantische» Denominationen hin. Denn diese werden wegen ihrer Herkunft aus Westeuropa und dem angelsächsischen Raum als unerwünschte ausländische Organisationen und Bewegungen eingestuft.

Pfingstler als «religiöse Extremisten» im Visier

Das gelte besonders für Pfingstchristen, während Baptisten und Methodisten wegen ihrer älteren Verbreitung in Russland, die zum Teil noch auf die Zarenzeit zurück geht, eine etwas bessere Einschätzung und Behandlung erfahren. Ein völliges Verbot wurde zwar nur 2017 über die Zeugen Jehovas ausgesprochen. Es komme aber immer öfter vor, dass Bestimmungen gegen «religiöse Extremisten» auch auf Angehörige evangelischer Freikirchen angewandt werden. Dabei komme es zu Haussuchungen, Verhaftungen und sogar Misshandlungen.

Im gleichen Topf mit «Zeugen Jehovas»

Besonders verschlimmert habe sich die Lage in den vom Kreml unterstützten Separatisten-Gebieten in der Ost-Ukraine, den sogenannten Volksrepubliken Donetsk und Luhansk. Dort unterschieden die Behörden praktisch nicht zwischen evangelischen Christen und Zeugen Jehovas, was Polizeikontrollen bei Gottesdiensten und die Zensur von religiösem Schrifttum angehe. In Luhansk wurde am 30. Mai 2018 ein «Königreichssaal» der Zeugen Jehovas geplündert, verwüstet und niedergebrannt.

Problematischer Artikel

Die Lage auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim hatte schon die Jahressession des OSZE-Parlaments im Juli 2018 in ihrer «Berliner Erklärung» beschäftigt. Dort wurde Moskau aufgefordert, in der «autonomen Republik Krim» und insbesondere der Stadt Sewastopol die religiösen Freiheitsrechte zu achten und alle Formen von Einschüchterung, Belästigung, Diskriminierung und Verfolgung von Glaubens-Minderheiten zu beenden. Zwar betrafen die obrigkeitlichen Verstösse auf der Krim mehrheitlich Pfarrer und Gläubige der von Moskau getrennten ukrainischen Orthodoxen sowie der Griechisch-Katholischen Kirche. Doch wurden auch Fälle der Drangsalierung von «Evangeliums-Christen» und anderen evangelischen Christen angeführt. Der Artikel 282 des russischen Strafgesetzbuches gegen «religiösen Radikalismus und Rowdytum» spielt dabei eine verhängnisvolle Rolle.

Ein positiver Trend

Hingegen bestätigt die in Novi Sad ansässige «Ekumenska Humanitarna Orgnisacija», die staatliche Repression gegen religiöse Minderheiten finde immer weniger Rückhalt in der Bevölkerung. Das sei auf die allgemein steigende Bildung und wachsende gesamtchristliche Offenheit der Lehrerschaft in postkommunistischen Ländern wie Russland und Serbien der Fall, die wieder von der Orthodoxie geprägt sind.

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Datum: 10.04.2019
Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet

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