Mehr als ein Kunstprojekt

«Schreib doch mal auf: Was ist gut?»

Sebastian Schmid ist Theologe und Künstler. Seit Jahren stellt er irgendwelchen Menschen die Frage: «Was ist gut?» Ihre Antworten tippen sie meist selbst mit einer Reiseschreibmaschine auf ein Blatt Papier. Was dabei entsteht, ist ein sympathisches, analoges, fehlerhaftes und gleichzeitig authentisches Bild dessen, was das Leben ausmacht.
Kunstprojekt «Was ist gut?»
Reiseschreibmaschine von Sebastian Schmid

Gerade berichtete das theologische Feuilleton «feinschwarz» über das Kunstprojekt. Birgit Mattausch fragte darin: «Wer reist noch mit einer Schreibmaschine? Man stelle sie sich vor im Grossraumabteil des ICE, abgestellt auf das Klapptischchen vor dem Sitz, auf das sie kaum passt – auch wenn sie eher klein ist, schliesslich ist sie eine Reiseschreibmaschine …» Und sie konstatiert: «Ein aus der Zeit und aus der Welt gefallenes Ding.» Trotzdem entstanden Antworten, die ganz viel mit dem Hier und Heute zu tun haben. Mit Hoffnung. Mit Gott …

Eine einfache Frage

Sebastian Schmid hat die Frage von Simon de Vries übernommen. Der sammelt auf seiner Webseite 122 Antworten darauf zwischen «in den Sonnenaufgang hineinlaufen» und «der Moment, wenn der Auto-Tacho von 199'000 auf 200'000 umspringt». Schmid adaptierte die Idee. Er nahm sich eine alte Reiseschreibmaschine – richtig, so eine ohne Korrekturmöglichkeit – und ging zu den Leuten: mal in eine Kapelle, wo das Klappern der Tastatur schon auffällig war, mal in eine Grundschule oder Fussgängerzone. Seine Frage war immer dieselbe: Was ist gut?

Und die Antworten bilden das ganze Spektrum menschlichen (Er)Lebens ab: «gutes Essen» meinte jemand, «Gut ist es, Menschen zu haben, die einen lieben. Und zu wissen, woher diese Liebe kommt» ein anderer. Die Antworten hängte der Theologe und Künstler meist mit Klammern an eine Wäscheleine. Für die Idee zu seinem Kunstprojekt bekam Schmid übrigens gerade den «Playing Arts Award» für ein besonders kreatives Projekt verliehen.

Biblische Anklänge

Schmid bemerkte auf seiner Webseite, dass die Auseinandersetzung mit dem Begriff «gut» seine Wahrnehmung des Wortes verändere: «Gut ist gut. Gut reicht. Gut ist nicht ganz perfekt. Zu perfekt ist nicht gut. So vieles ist gut.» Natürlich klingt in der Frage auch biblisches Gedankengut mit. Das beginnt bereits im 1. Buch Mose, wo in der Schöpfung wie ein Refrain wiederholt wird: «Und Gott sah, dass es gut war» (z. B. 1 Mose, Kapitel 1, Vers 10). Und manche Bibelleserinnen und -leser denken vielleicht auch an Jesus selbst, der einmal mit «guter Meister» angesprochen wurde und schnell antwortete: «Was nennst du mich gut? Niemand ist gut als Gott allein!» (Lukas, Kapitel 18, Vers 18).

So landeten viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer beim Nachdenken über Gutes bei philosophischen, ethischen und christlichen Fragen. Und die schnell getippte Antwort war oft Anlass für ein längeres Gespräch.

Antworten zwischen Alltag und Glaube

Interessanterweise machten viele Passanten gern mit bei der Aktion. Es gab zwar auch einzelne, die im Vorbeigehen nur kurz diktierten: «nix ist gut!», doch das war die Ausnahme. Für die meisten anderen war das Nachdenken und Aufschreiben ein kleiner Augenöffner im Alltag. Vielleicht sogar ein Hinweis auf Gott und seine Gegenwart. Typisch dafür ist ein kurzes Statement in zwei Worten – ebenfalls auf die Frage, was gut ist: «Jesus. Käsekuchen.» Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen, oder?

Zur Webseite:
Feinschwarz

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Datum: 20.01.2020
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet / feinschwarz.net

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