Gott im Veedel

Beymeister: Mit den Nachbarn auf Augenhöhe

Mülheim ist ein Kölner Stadtteil am Rhein, ist bisher nicht dafür bekannt, ein besonderes Zentrum für den christlichen Glauben zu sein. Bisher. Aber seit einer Weile arbeitet dort ein engagiertes Team aus Ehrenamtlichen und Vollzeitlern zusammen, um Gemeinde zu den Menschen zu bringen. Sie nennen sich «beymeister».
Köln
Logo der beymeister

Wer im Internet über die «beymeister» stolpert, merkt schnell, dass diese Arbeit viel Lokalkolorit atmet. Das soll auch so sein, denn schliesslich arbeiten sie im «Veedel» – so nennen die Kölner ihr «Viertel». Es ist weniger als ein Stadtteil, es ist der überschaubare Bereich, in dem ich mich zu Hause fühle und meine Nachbarn kenne.

Fresh Expressions

Damit ist die Initiative geradezu typisch für den Ansatz einer Gemeindebewegung, die aus Grossbritannien aufs Festland gekommen ist: «Fresh X» steht für neue Ausdrucksformen. Es ist ein loses Netzwerk von Christen, die Kirche und Gemeinde neu denken und leben möchten. Sie gehen davon aus, dass Gott überall am Werk ist. Deshalb gehen sie genau dorthin, wo den Leuten die Kirche fremd ist: in Schulen, Stadtteile und Szenekneipen.

Dabei entstehen Gemeinschaften, die das Potenzial haben, Kirche in neuer Gestalt zu werden – geprägt durch das Evangelium und relevant für ihren kulturellen Kontext – auch wenn sie zum Teil ganz anders aussehen, als bekanntere Formen von Kirche. Die Bewegung selbst definiert ihre Arbeit so: «Eine Fresh X ist eine neue Form von Gemeinde für unsere sich verändernde Kultur, die primär mit Menschen gegründet wird, die noch keinen Bezug zu Kirche und Gemeinde haben.»

beymeister

In diesem Umfeld haben sich auch die «beymeister» in Mülheim entwickelt. Mit diesem Namen bezeichnete man früher die verschiedenen Meister einer Zunft, die sich beratend und auf Augenhöhe zur Seite standen. In Köln sind die beymeister ein Projekt der Evangelischen Kirchgemeinde Mülheim am Rhein. Sie bieten einen Raum an, wo sich Menschen aus ihrem Stadtteil vernetzen können, Gemeinschaft gestalten, Hilfe bekommen und Glauben leben. Dabei bieten die beymeister mit ihren Angeboten (die sich sehr oft um essen und trinken drehen) keine direkten Lösungen für das Leben, aber das gemeinsame Suchen danach.

Alles ändert sich

Mülheim ist ein Stadtteil in Bewegung. Das ist nicht immer einfach, und man muss es ein Stück weit mögen, um dort zurechtzukommen. Einer der Verantwortlichen für beymeister ist Sebastian Baer-Henney, Pfarrer in Köln-Mülheim. Zu seiner Amtseinführung schwärmte er bereits von der Vielfalt der Kulturen: «Privat bedeutet das, dass ich innerhalb eines halben Tages in Italien zu Mittag essen, in der Türkei Tee trinken und dann in Köln auf dem Balkon sitzen kann.» Als Ziel formulierte er: «Ich möchte auch die erreichen, die zwar formal Mitglied der Gemeinde sind, bisher aber von den Angeboten, die wir machen, wenig wahrnehmen. Ich möchte gerne herausfinden, was sie interessieren würde, möchte der Kirche ein offenes und einladendes Gesicht bieten.» 

Solch ein offenes Gesicht wollen die beymeister sein, nicht als Konkurrenz zu bestehenden Angeboten, sondern als Ergänzung, wo sich Kaffeetrinken und Evangelium gegenseitig befruchten. Baer-Henney freut sich auf die Zukunft: «Ich sehe eine Gemeinschaft, die für die Menschen als auskunftsfähig in Glaubensfragen angesehen wird. Als authentisch. Eine Gemeinschaft, die dem protestantischen Urprinzip folgt, das Evangelium zu verkündigen. Und das meine ich nicht nur aus Prinzip, weil es unser Auftrag ist, sondern auch weil es die Funktion ist, die die Menschen in der Kirche suchen. Die Menschen, die mir hier im Stadtteil begegnen, suchen in der Kirche ein Gegenüber, das in Glaubensfragen kompetent ist. Sie suchen jemanden, der qualifiziert und nicht einengend von Gott spricht. Denn wer, wenn nicht die Kirche, könnte das sein?»

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Datum: 25.08.2019
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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