Zur Freiheit berufen…

Was heisst das eigentlich?

In diesen vielleicht schon bald hinter uns liegenden Corona-Tagen wurden viele unserer Freiheiten beschnitten, auch unsere politischen. Der Bundesrat regierte mit Notrecht, wir durften nicht mehr machen, was wir wollten. Einigen Leute, zuerst im Ausland, dann auch in der Schweiz, gingen diese Einschränkungen zu weit, sie forderten Freiheit. Aber was ist Freiheit eigentlich? Und was heisst es, als Christ zur Freiheit berufen zu sein?
Freiheit
Barbara Rüegger

Der Duden definiert Freiheit folgendermassen: «Zustand, in dem jemand von bestimmten persönlichen oder gesellschaftlichen, als Zwang oder Last empfundenen Bindungen oder Verpflichtungen frei ist und sich in seinen Entscheidungen nicht [mehr] eingeschränkt fühlt.»

Nicht eingeschränkt zu sein in meiner persönlichen Freiheit, ist es das? In den letzten Wochen bekam man manchmal den Eindruck, die grösste Freiheit sei die, endlich wieder in seinen Lieblingsshop gehen zu können, oder treffen zu können, wen und wie viele Leute man wollte. Einige meinten, die Schweiz sei doch ein freies Land, da könne uns doch keine Regierung sagen, dass wir das nun nicht mehr dürfen! Dies oder Ähnliches hörte man immer mal wieder in den Abendnachrichten oder las es in der Tageszeitung.

Meine Freiheit, deine Freiheit

Die Präambel der Schweizer Bundesverfassung sagt, dass nur frei ist, wer die Freiheit auch gebraucht und dass wir nur dann stark sind, wenn wir uns am Schwächsten ausrichten. Meine Freiheit hat also auch im politischen, nationalen Kontext etwas mit dem Nächsten zu tun. In dieser Corona-Zeit wurde oft über die Schwächsten und ihren Schutz gesprochen. Einiges wurde unternommen, um diese Schwächsten, zu denen nicht nur die Senioren gehören, zu schützen. Darum ist meine Freiheit erst dann echte Freiheit, wenn damit nicht die Freiheit des Nächsten beschnitten wird, oder in diesem Fall, wenn ich mit dem, was ich mit meiner Freiheit will, nicht das Leben des Nächsten gefährde. Nur damit ich meine Freiheit ausleben kann, sollen keine Menschen sterben.

Dietrich Bonhoeffer, der selber erlebt hat, wie es ist, von einem Unrechtsstaat eingekerkert zu werden und doch innerlich frei blieb, sagte: «Freiheit ist nicht in erster Linie ausgerichtet am Individuum, sondern am Nächsten.»

Wer oder was raubt mir die Freiheit?

Wenn ich mich nicht wirklich frei fühle, wer oder was raubt mir denn diese Freiheit? Ist da wirklich der Bundesrat, die Kantonsregierung schuld mit den verschiedenen Verordnungen oder könnte es sein, dass nicht die äusseren Umstände, sondern meine eigenen Gedanken, Wünsche, ja Begierden mir die Freiheit rauben? Eine Fixierung auf unerfüllte Wünsche, Neid, Rachsucht können mich gefangen nehmen und so total unfrei machen.

Im 1. Petrusbrief, Kapitel 2, lesen wir: «Seid untertan aller Obrigkeit .... als Freie.» Ist das nicht der totale Widerspruch? Wie kann ich frei sein, wenn ich untertan bin? Petrus fordert uns heraus, Diener / Knechte Gottes zu sein und als Freie im Dienst am Nächsten zu leben und unsere Freiheit nicht zu missbrauchen für unseren Egoismus (als Deckmantel für das Böse).

Eine ganz andere Freiheit: Was macht mich wirklich frei?

Beim Nachdenken über das, was wahre Freiheit ist, musste ich an verfolgte Christen denken. In den letzten Wochen haben viele Leute für Muslime gebetet, auch für solche, die aus dem Islam zu Jesus gefunden haben. Viele von diesen Konvertiten leben in repressiven Systemen, zum Beispiel im Iran, wo es nicht gestattet ist, sich zu Jesus hinzuwenden, und trotzdem tun sie es, weil sie in ihrer Seele eine Freiheit gefunden haben, die sie nicht mehr hergeben wollen.

In Johannes, Kapitel 8 sagt Jesus seinen Nachfolgern, dass sie wirklich frei werden, wenn sie die Wahrheit erkennen, welche hier im Zusammenhang damit steht, zu erkennen, dass es unsere Sünde ist, welche uns versklavt. Jesus, Gottes Sohn, der für unsere Sünde gestorben ist, macht uns echt frei. Zu dieser Freiheit sind wir berufen, frei von der Sünde in ein neues, verändertes Leben. Im Galaterbrief, Kapitel 5 spricht Paulus uns zu: «Ihr seid zur Freiheit berufen; nur macht die Freiheit nicht zu einem Vorwand für das Fleisch, sondern durch die Liebe dient einander.» Paulus und Petrus fordern uns heraus, diese Freiheit, die wir in Jesus bekommen haben, nicht eigennützig zu missbrauchen, um unsere eigenen Wünsche zu stillen, sondern uns immer noch unserer Obrigkeit unterzuordnen und diese Freiheit zu brauchen, dem Nächsten zu dienen, weil wahre Freiheit nur dann Freiheit ist, wenn sie nicht egoistisch das durchdrückt, was ich will, sondern sich darum kümmert, dass auch mein Nächster diese Freiheit erleben darf.

Wenn mir bewusst wird, dass wahre Freiheit innere Freiheit und dazu noch ein grosses Geschenk ist, sollte es mir nicht schwer fallen, mich unterzuordnen zum Wohle des Schwachen, zum Wohle meines Nächsten. Und der Verlust von ein wenig zeitlicher, äusserlicher Freiheit raubt mir nicht meine innere, vom Sohn Gottes errungene Freiheit.

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Datum: 01.06.2020
Autor: Barbara Rüegger
Quelle: Livenet

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