Ein bösartiger Tumor durchkreuzt die Lebenspläne
Salome (Nachname ist der Redaktion bekannt) hatte konkrete Vorstellungen für ihr Leben. Mit 25 Jahren wollte die Lehrerin heiraten, mit 28 das erste Kind kriegen. Mit leichter Verzögerung heiratete sie mit 26. Als dann vier ihrer sechs Cousinen schwanger wurden, musste sie selbst den Kinderwunsch aber zurückstellen, weil ihr Mann noch in Ausbildung war. Als Ersatzplan nahm sie eine Weiterbildung in Angriff. Dieser Plan wurde durch die Entdeckung eines bösartigen Tumors durchkreuzt. Die Überlebenschance war gering und Salome gerade erst 28 Jahre alt.
«Mein Traumplan ging überhaupt nicht auf»
Dass sich ihr Traum derart massiv zerschlug, war für Salome schwer zu verdauen. «Mein Traumplan ging überhaupt nicht auf.» Dabei hatte doch alles so gut ausgesehen. Der Umzug nach Bern, wo sie und ihr Mann studierten, lag gerade hinter ihr und sie stand voller Elan in ihrem Job. Doch dann, im Juli 2021 zogen dunkle Wolken auf. Es begann mit Schmerzen am Auge. «Ich merkte, dass etwas nicht stimmte und ging zum Arzt.»
Als diverse Untersuchungen zu keinem Ergebnis führten, wollte sie ein MRI. Dabei kam schnell der Verdacht eines Tumors auf. Eine Biopsie bestätigte: Es war ein seltener und bösartiger Tumor, welcher SNUC genannt wird. Der grösste Teil der Betroffenen überleben diesen nicht. So hatte Salome sich das überhaupt nicht vorgestellt. Unverzüglich wurde eine Chemotherapie begonnen.
Den schwierigen Zustand aushalten
«Als ein Arzt sagte, ich würde sechs Monate nicht arbeiten können, traf mich das hart», erzählt Salome. Auch wenn die Chemotherapie erfolgreich sein würde, bestünde eine Wahrscheinlichkeit von nur von circa 20 Prozent, überhaupt jemals auf natürlichem Weg schwanger zu werden.» Als sie in diesen Tagen die Nachricht erreichte, dass ihre beste Freundin schwanger sei, war dies herausfordernd. «Obwohl ich mich ehrlich mitfreute, brach für mich eine Welt zusammen.» Und dann war da natürlich auch die Aussicht, dass ihr Leben schon bald zu Ende gehen könnte.
Für die ersten drei Chemo-Zyklen war Salome in Basel, während ihr Mann seinen neuen Job in Bern antrat. «Die physische Trennung war für mich schwierig und die Tatsache, dass ich meinen neuen Job nicht antreten durfte, ebenfalls.» Salome litt auch unter schweren Nebenwirkungen. «Ich ertrug die Chemotherapie sehr schlecht, hatte immense Schmerzen.» Die Therapie wurde unterbrochen und umfassende Untersuchungen gemacht. Sie hatte keinen Appetit. Der Aufenthalt im Krankenhaus zog sich in die Länge. «Erneut ging es mir gegen meine Pläne und ich musste das aushalten.» Dazu kam, dass sie oft alleine war. Den Alltag ohne ihre Angehörigen verbringen zu müssen, setzte ihr zu.
Erstaunliche Gelassenheit gefunden
Salome brauchte eine spezielle Protonen-Bestrahlung, welche die grösste Chance bietet, dass ihr Auge möglichst wenig in Mitleidenschaft gezogen wird. Daneben folgten erneut Chemotherapien. Das Resultat war gut. «Der Tumor schrumpfte stärker als erwartet werden durfte. Das waren extrem gute News.»
Nicht nur, was den Tumor, sondern auch was ihr Innenleben betrifft, erlebte Salome eine sehr gute Entwicklung. «Ein Arzt gab mir den Rat, immer nur Schritt um Schritt zu nehmen.» Dies war eine grosse Hilfe, um sich nicht ständig von Gedanken an die nächsten Behandlungen stressen zu lassen. «Heute erlebe ich vieles als nicht mehr so bedrohlich. Blutentnahmen, Bestrahlungen, Spritzen – das alles wird irgendwie Routine.» Besonders die Bestrahlungen waren anfänglich eine riesige Tortur. Ihr Kopf musste so stark fixiert werden, dass nicht die geringste Bewegung möglich war. «Um keine Panikattacken zu kriegen, suchte ich psychologische Hilfe. Das hat mir sehr geholfen.» Sie ist Gott dankbar, keine Panikattacken gehabt zu haben und dies sogar ohne süchtig machende Medikamente. «Bei den Bestrahlungen habe ich mir immer in Erinnerung gerufen, dass Gott bei mir ist.»
Dankbarkeit als Lebensstil
Schon früher gewöhnte sich Salome an, dankbar zu sein. Seit fünf Jahren führt sie ein Dankbarkeits-Tagebuch. «Jeden Tag schreibe ich Dinge auf, für welche ich dankbar bin.» Diese Gewohnheit hat ihr in den letzten Monaten viel Kraft gegeben. «Auch wenn ich kaum Kraft hatte, einen Stift zu halten, zwang ich mich, Gründe zum Danken niederzuschreiben.»
Dankbarkeit fällt ihr jedoch nicht immer einfach. Als sie beispielsweise die Hiobsbotschaft empfing, dass sie wegen der Bestrahlung des Sehnervs auf dem rechten Augen erblinden würde, war sie emotional ohnehin gerade nicht in bester Verfassung. Wie sollte sie da noch Gründe zum Danken finden? Immerhin stehen ihre Überlebenschancen inzwischen gut. «Ich mache mir keine Sorgen», sagt Salome glaubensvoll. «Ich bin zuversichtlich.» Trotzdem bleibt eine Ungewissheit bestehen.
Extreme Zeit – prägende Zeit
«Früher habe ich geglaubt, dass gesund zu sein der Normalzustand ist. Inzwischen habe ich gelernt, dass dies nicht so ist. Viele Menschen sind krank, manche chronisch.» Salome ist dankbar, in diesen schwierigen Monaten viel gelernt zu haben. Es war schwierig, als sich ihre Plänen zerschlugen. Sie musste auch lernen, Hilfe von Mitmenschen anzunehmen. «Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich mein Leben lang alles immer selbst gemacht.»
Nein, Salome hat sich ihre aktuelle Situation bestimmt nicht gewünscht. Trotzdem ist sie dankbar für das Gute, dass sie auch jetzt erleben darf. «Es gibt viele Gelegenheiten, um von Jesus zu erzählen. Gerade wenn ich gefragt werde, weshalb ich so ruhig und gelassen sein kann, ergeben sich viele gute Gespräche. Das freut mich!»
Salome möchte, dass diese Monate nicht einfach Monate der Krankheit sind. Vielmehr wünscht sie sich, dass dadurch die Gnade Gottes sichtbar wird und Menschen Jesus erkennen können. Da sie gerade lernt, nicht an ihren eigenen Plänen zu hängen, fällt es ihr auch leichter, einfach Gott machen zu lassen. Und sie weiss: Er kann auch etwas Gutes aus ihrer Geschichte machen.
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Datum: 29.10.2021
Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Livenet