Sommer-Serie

Perspektive der Ewigkeit

Zuversicht und Hoffnung während der Coronazeit? Genau diesem Thema widmete Andreas Boppart, Missionsleiter von Campus für Christus, ein Buch. Er lässt dabei verschiedene Persönlichkeiten zu Wort kommen. ICF-München-Pastor Tobias Teichen erlebte Anfang 2019 eine persönliche Krise
Tobias Teichen (Bild: Facebook)
Tobias Teichen

– und schreibt darüber, wie man diese Krisen nutzen kann.Beam dich mal zurück zum Silvesterabend 2019! Wow! Ein neues Jahr liegt vor dir! Hast du Vorsätze gefasst? Vielleicht ein paar Kilo abnehmen, damit du so richtig in shape bist für den Sommer 2020? Oder beginnst du einen neuen Job? Endlich! Jahrelang hast du dafür gearbeitet: Alles in deine Ausbildung gesteckt, Auslandssemester absolviert und nun den ultimativen Job bekommen, der dich zu dem macht, der du immer sein wolltest, und dir finanzielle Unabhängigkeit bringen soll!

Ja, und dann! Dann kommt etwas dazwischen, nämlich Corona. Dieses unsichtbare Virus mit den Stecknadeln auf der Oberfläche, die dich piksen und beeinflussen, auch wenn du vielleicht gar nicht direkt infiziert bist. Plötzlich ist alles anders, nichts läuft mehr nach Plan. Solche Krisen treffen uns im Leben und durchkreuzen Pläne, greifen sogar Existenzen an. Auch ich und unsere Kirche mussten Predigttouren und grosse Events absagen. Das waren schmerzhafte Entscheidungen.

Der Tod des Vaters

Die Corona-Krise betrifft uns wirklich alle – weltweit. Anfang 2019 gab es in meinem Leben eine Krise, die mich ganz persönlich getroffen hat. Der Tod meines Vaters. Damals habe ich erkannt, dass es wichtig ist, mit welcher Perspektive man durch schwere Zeiten geht. Ich habe gelernt, meinen Blick weg von dem, was genau jetzt passiert, auf eine Ewigkeitsperspektive hin auszurichten.

Davon würde ich dir gerne erzählen, denn auch die Corona-Krise wird einmal vorbeigehen und ich würde mich freuen, wenn du sie trotz aller weltlichen Schwierigkeiten positiv für dich nutzen kannst.

Als mein Vater mit 82 Jahren auf einer Intensivstation starb, ist mir mal wieder deutlich geworden: Wir denken nicht gern über den Tod nach. Seltsam eigentlich, denn er ist das Einzige im Leben, auf dessen Eintreffen wir uns wirklich hundertprozentig verlassen können. Niemand ist zuverlässiger als er. Aber ihn oder was danach kommt beziehen wir in unsere Planungen nicht ein.

Damals bereitete ich gerade eine Predigt zum Thema Ewigkeit vor. Zufall? Für mich nicht. Im ICF planen wir unsere Serien oft bereits ein Jahr im Voraus. Zu dem Zeitpunkt war der Tod meines Vaters also nicht absehbar. Ich sehe es als ein Geschenk Gottes, der wusste, in welchen traurigen Lebensumständen ich mich befinden würde.

Das Thema Ewigkeit

Eine wichtige Metapher dieser Predigt ist ein Seil, wie es in Sporthallen oft von der Decke hängt. Unten ist es etwa zwei Handbreit mit einem Lederband umwickelt. Dieses Seil symbolisiert für mich den Zeitstrahl meines Daseins. Wobei der Bereich von 20 Zentimetern am Ende für mein irdisches Leben vor dem Tod steht und der Rest des Seils für die Ewigkeit. Aber einen gravierenden Unterschied gibt es zum Turnhallenseil. Mein Metapher-Seil ist unendlich lang und endet nicht an der Hallendecke.

Je mehr ich mich mit dem Thema Ewigkeit auseinandersetzte, desto deutlicher wurde mir: Wir fokussieren uns fast völlig auf das Hier und Jetzt. Treffen Entscheidungen, die nur dazu dienen, ein möglichst gutes Leben im Bereich der 20 Anfangszentimeter zu haben. Doch die Entscheidungen, die wir heute treffen, werden auch Auswirkungen auf den unendlich langen Teil des Seils, die Ewigkeit, haben (vgl. Matthäus Kapitel 6, Verse 19-33).

Spiegelverkehrt

Aber was für ein diesseitiges Leben macht aus Sicht der Ewigkeit Sinn? Was denke ich über mein Leben, wenn ich aus Sicht der Ewigkeit zurückblicke? Antworten auf diese Fragen finde ich in der Bibel. Dafür muss ich aber verstehen, wie ich dieses Buch nutzen kann, denn die Bibel ist kein Roman, den man durchliest und dann weglegt. Die Bibel hat einen ganz anderen Anspruch an sich. Sie bezeichnet sich selbst als Spiegel (vgl. Jakobus Kapitel 1, Vers 23).

Hast du dir jetzt zu Zeiten von Corona mal die Haare vor einem Spiegel geschnitten? Das ist schwierig, denn alles ist spiegelverkehrt. Bedeutet für mich: Auch die Bibel ist spiegelverkehrt. Es werden andere Dinge hervorgehoben und betont, als ich vielleicht zuerst beim Lesen denke.

Die Bibel betrachtet dein irdisches Leben nämlich aus der Sicht der Ewigkeit. Du kannst die biblischen Prinzipien, die Gesetze und Gebote und Tipps, die Gott dir durch die Bibel gibt, bereits im Hier und Jetzt anwenden, denn sie helfen dir nicht nur in deiner jetzigen Lebensrealität, sondern haben auch eine Auswirkung für dein Dasein in der Ewigkeit, wie Jesus im Matthäus-Evangelium erklärt.

Was Gott will vs. was wir wollen

Aber wir Menschen neigen gern zur Rebellion, gerade wenn wir Gesetze nicht verstehen. Vergeben? OK! Aber nicht dem Heinz Rüdiger, der hat das nicht verdient. Egal, ob in der Bibel steht: «Wenn ihr euch aber weigert, anderen zu vergeben, wird euer Vater euch auch nicht vergeben.» (Matthäus Kapitel 6, Vers 15)

Da denken wir: Übersetzungsfehler! Für den Heinz Rüdiger gilt das nicht, dem muss ich nicht vergeben! Doch das ist Gottes Wort und er ist Liebe und meint es gut mit dir. Es geht nicht darum, ob der Heinz Rüdiger es verdient hat, dass wir ihm vergeben, sondern, dass wir mit unserer Unvergebenheit einen Rucksack mit uns herumtragen, der uns runterzieht und bitter macht. Ich vergleiche das gern mit den Naturgesetzen.

Wenn ich sage: Für mich ist die Erdanziehung Quatsch, ist das meine Wahl. Springe ich dann vom Hochhaus, werde ich unten als Brei aufkommen. Dann darf ich mich aber nicht bei dem Naturgesetz beschweren. Ähnlich ist das mit dem Vergeben: Lege ich den Rucksack der Unvergebenheit ab, dann wird auch mir vergeben, ich fühle mich leicht und frei (vgl. Matthäus Kapitel 6, Vers 14) – völlig unabhängig davon, was Heinz Rüdiger aus meiner subjektiven Perspektive heraus verdient hat. So gesehen macht es dann vielleicht doch Sinn, das Gesetz Gottes anzuwenden.

Worauf will ich also meinen Fokus setzen? Auf das, was mir auf den ersten Blick guttut? Oder auf das, wovon Gott glaubt, dass es gut für mich ist (zum Beispiel dem Heinz Rüdiger zu vergeben)? Gerade in Notsituationen wie dieser Corona-Krise treten ungesunde Verhaltensweisen in deinem Leben gerne in den Vordergrund.

Ein festes Lebensfundament

Hältst du vielleicht das Social Distancing nicht aus, weil sich niemand bei dir meldet, könnte das ein Indiz dafür sein, dass du früher nur oberflächliche Beziehungen gelebt hast? Was es auch bei dir ist, eine Krise verstärkt meist die Dinge, die vor der Krise schon problematisch waren und zeigt, auf welchem Fundament du dein Lebenshaus baust. Danach fragt uns auch Jesus in der Bibel (vgl. Matthäus Kapitel 7, Vers 24ff.). Er hat einen Plan für uns, wie wir unser Haus auf festen Grund bauen können, sodass es auch die Stürme in Krisenzeiten aushält. Lass uns mal zwei klassische Untergründe anschauen, auf denen wir gerne unser Leben bauen, und sehen, wie diese Dinge aus Sicht der Ewigkeitsperspektive Sinn machen.

Da ist zum einen unsere Zeit. Was werden wir Gott sagen, wenn er uns einmal fragt, was wir mit der von ihm geschenkten Lebenszeit gemacht haben? Antworten wir: «Ich habe Millionen Stunden meines Lebens Serien gestreamt»? Ich weiss nicht, ob er das gut finden wird. Mal einen Film schauen ist ja nicht verwerflich, aber blickst du in den biblischen Spiegel, zeigt er dir, wie wertvoll es ist, seine Zeit in Dinge zu investieren, die einen Ewigkeitswert haben.

Zur Beerdigung meines Vaters erreichte uns ein Brief eines Mannes. Er hatte als Jugendlicher durch meinen Vater Jesus kennengelernt und schrieb uns, dass er ihm dafür immer noch unendlich dankbar sei, denn nur weil mein Vater in sein Leben investiert habe, werde auch er einmal zu Gott gehen. Das hat mich sehr berührt und das wünsche ich mir auch! Jeder Mensch, in den ich Zeit investiere und dem ich Gottes Liebe näherbringe, macht aus Sicht der Ewigkeit einen Unterschied. Gerade jetzt in diesen Zeiten frage ich Gott oft, wen ich anrufen soll. Wer braucht meine Zuwendung?

Ein anderer Punkt ist unsere Identität. Auf den 20 Zentimetern unseres Seilzeitstrahls, der irdischen Lebenszeit, sind für viele von uns Aussehen und Status sehr wichtig. Joggen, Diäten, mein Haus, meine Karriere, mein Auto, mein Boot! Diese Äusserlichkeiten sind aber in der Ewigkeit, ähnlich wie Geld oder Ansehen, bedeutungslos.

Auch hier zeigt der Blick in den Bibelspiegel wieder das Gegenteil: Gott geht es nicht um dein Äusseres, er liebt dich so, wie du bist. Als mein Vater beerdigt wurde, haben wir ihm zwar seinen Lieblingsanzug angezogen, damit der Leichnam gut aussah, aber den Körper und den Anzug nahm er nicht mit zu Gott. Alles, was wir nicht mitnehmen können, wird uns nachhaltig auch im Hier und Jetzt nicht erfüllen. Erfüllung finden wir, wenn wir Gottes Nähe suchen und uns von ihm Identität zusprechen lassen als seine geliebten Kinder. Du findest über 7000 gute Zusagen (etwa Johannes Kapitel 10, Vers 10b, Jeremia Kapitel 31, Vers 3 oder Josua Kapitel 1, Vers 5b), die Gott dir durch die Bibel zuspricht. Vielleicht ist ja gerade jetzt die Zeit, wieder zu seinem Wort zu greifen und deine Identität als Kind Gottes zu stärken.

Erkenntnis auf dem Totenbett

Der Blick in den biblischen Spiegel hilft uns also, ein festes Fundament für unser – auch ewiges – Lebenshaus zu bauen. Mein Vater hat ein christliches Leben geführt und sich an viele Gesetze gehalten. Aber er war nicht unfehlbar. Wie wir alle nicht. In den letzten Momenten seines Lebens streichelte er meine Wange und bat mich: «Tobias, bitte erzähle den Menschen zwei Dinge, die ich erst jetzt auf dem Totenbett erkannt habe: Ich habe dich in der letzten Zeit mehr berührt als mein ganzes Leben lang.» Das war mir auch aufgefallen. Und er fuhr fort: «Bitte erkläre den Vätern, sie sollen ihre Kinder öfter in den Arm nehmen und ihnen ihre Liebe zeigen. Ich habe das nie für besonders wichtig gehalten. Das bereue ich jetzt.» 

Eine weitere Bitte von ihm war: «Ausserdem sage den Menschen, dass sie anderen schnell vergeben sollen. Ich habe oft zu lange gewartet.» Die Ehe meiner Eltern war geprägt von Unfrieden. Am Sterbebett verlangte mein Vater nach meiner Mutter. Sie kam und er bat sie unter Tränen um Vergebung für viele traurige Erlebnisse. Sie nahm an und verzieh auch ihm. Das war ein tiefer Moment und ich bin dankbar, dass sie sich am Ende noch versöhnt haben. Aber das Dramatische an der Situation war, dass mein Vater sagte: «Hätten wir das mal vor 40 Jahren gemacht! Was hätte das für eine Auswirkung auf unsere Ehe gehabt.»

Der Sinn des Lebens

Im Angesicht des Todes ist meinem Vater deutlich geworden, was der Bibelspiegel als Sinn des Lebens bezeichnet. Nämlich die Beziehungen zu seinen Mitmenschen zu pflegen, andere, Gott und sich selbst zu lieben (vgl. Matthäus Kapitel 22, Vers 39).

Daran war er, wie viele von uns, oft gescheitert. Aber Gott gibt uns eine gute Nachricht, das Evangelium, mit dessen Hilfe wir jederzeit unser Leben aufräumen können. Ich möchte es dir kurz anhand dieser vier Symbole von THE FOUR erklären:

  • Der Sinn des Lebens ist es, Gott zu lieben, deinen Nächsten und dich selbst.
  • Wir verfehlen dieses Ziel, wenn wir ohne Liebe handeln, wie mein Vater, der meiner Mutter nicht vergeben konnte. Das nennt die Bibel Sünde. Sünde führt zu einem Bruch, verletzt und zerstört unsere Beziehungen zu Gott, zu Menschen und uns selbst. Sie trennt uns von einem erfüllten Leben, das Gott für uns bereithält.
  • Jesus stirbt am Kreuz zur Vergebung unserer Sünden. Wir können ihm dort (im Gebet) unsere Verfehlungen abgeben und gegen gute Verheissungen eintauschen. Mein Vater hat das gemacht. Er hat Gott für seine Verfehlungen um Vergebung gebeten und diese erhalten, dabei ist er selber einen Schritt gegangen, indem er seine Frau um Vergebung gebeten hat.
  • Gott hat alles getan, um uns zu zeigen, wie sehr er uns liebt. Durch Jesus Christus bietet er uns erfülltes und ewiges Leben an. Die Frage ist, ob wir dieses hoffnungsvolle Angebot annehmen wollen.

Corona als Chance

Diese Corona-Krise kann deine Chance für die Ewigkeit sein. Als mein Vater mit 82 Jahren auf der Intensivstation lag, hat er zuerst den Tod verdrängt, obwohl eine lange Phase der Krankheit vorausgegangen war. Doch schlussendlich hat er die Chance genutzt und erkannt, was der Sinn des Lebens ist. Er hat in den Spiegel der Bibel geblickt, das Evangelium angenommen, hat die verbliebene Lebenszeit in seine Lieben investiert und ist versöhnt zu Gott in die Ewigkeit gegangen.

Ich weiss nicht, wann mein Leben endet. Ob ich morgen überfahren werde und es mit einem Schlag vorbei ist. Oder ob ich eine Phase des Leidens durchlaufen werde, die mir Zeit gibt, aufzuräumen. Corona wirft im Augenblick unser Leben durcheinander. Manch einer von uns geht durch Leid, ein anderer weiss vielleicht nicht, wohin mit seiner Zeit, und betäubt sich mit Ablenkungsmanövern. Ich kann dich nur ermutigen, die Perspektive zu wechseln, weit nach vorn zu schauen und Corona nicht nur als Krise zu sehen, sondern als Chance. Eine Chance, jetzt die Zeit zu nutzen, um dein Herz (wieder) an der Bibel auszurichten, dich in andere Menschen zu investieren und vielleicht last but not least auch Personen wie Heinz Rüdiger zu vergeben. Ich hoffe, dass diese Corona-Pandemie in deinem Leben einen Sinn hat – aus der Sicht der Ewigkeit!

Tobias Teichen ist Lead Pastor vom ICF München und Leiter des ICF Deutschland Movement. Er ist Geschenkekauflegastheniker, was heisst, dass er beim Präsente-Shopping selten ins Schwarze trifft, und hofft darauf, dass Klopapier irgendwann mal als Zahlungsmittel eingeführt wird.

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Datum: 27.07.2020
Autor: Tobias Teichen
Quelle: Buch «Hoffnung – Zuversicht in Zeiten von Corona»

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