Neue Serie - erste Folge

Vom Löwencorner zum Hirtenpfad

Daniel Zindel im Livenet-Talk
Daniel Zindel leitete die Stiftung «Gott hilft» und war kurz vor der Pensionierung zwei Jahre lang in Bergdörfern als Pfarrer tätig. In seinem neuen Buch Hirtenzeit reflektiert er sein Arbeitsleben und beschreibt das Wesen eines Hirten und Leiters.

Im vergangenen Jahr hat das Livenet-Jahresmotto vom Löwenmut auch diverse Talks mit dem Löwencorner geprägt. Für das Jahr 2025 wird ein neues Motto eingeläutet – und dazu der Hirtenpfad, der einmal im Monat auch den Talk prägen soll. Im ersten Talk zum Thema erklärt Daniel Zindel: «Der Hirte ist der Prototyp des Leiters, der Leiterin.» Hirten müssten Verantwortung übernehmen für eine Herde, Schutz bieten, die Weide wechseln, wenn sie abgegrast ist, Bedürfnisse und Umfeld kennen. Ihre Aufgabe bedeute, einen Auftrag umfassend zu übernehmen.

In seinem ersten Buch «Geistesgegenwärtig führen» nimmt er diese Themen auf, im Gespräch mit Florian Wüthrich kommt das Jahresmotto von Livenet dazu, es steht in 1. Petrus Kapitel 2, Vers 25. Hier stellt Jesus fest: «Früher seid ihr umhergeirrt wie verlorene Schafe, nun seid ihr zurückgekehrt zum Beschützer eurer Seelen.» Als Leiter erlebe man manchmal Angst, Frust, Panik – dann geführt zu werden vom Hüter der Seele bringe Trost, Sicherheit und Perspektive zurück, so Zindel. «Führen ist letztlich Seelenarbeit, zum Leiten gehört Selbstführung.»

Als Pfarrer übernahm Daniel Zindel vor gut 30 Jahren die Leitung der Stiftung Gott hilft. Er sei kein Manager gewesen und durch die neuen Anforderungen in eine tiefe Krise geraten. Er habe sich gefragt: Wie kann ich Führungshandwerk und das Leiten durch den Heiligen Geist zusammenbringen? Das eine habe mit Knowhow, Erfahrung und Management zu tun, das andere bedeute, sich zurück zu nehmen und den Heiligen Geist wirken und Strategien mitentwickeln zu lassen. Schliesslich folgte er der Aufforderung des Benedikt von Nursia: «Ein Abt muss Geistliches und Menschliches verbinden.» Seine Erfahrungen beschreibt er im neuen Buch, das noch in Arbeit ist: «Hirtenzeit».

Kritischer Rückblick

Eine Organisation brauche Strukturen, müsse Resultate erbringen, Produkte herstellen – sei es ein Geschäft, eine Schule oder ein Medienhaus, beschreibt Zindel. Doch sie sei auch Gemeinschaft, Beziehungen fänden statt, und Jesus sei dabei präsent. Im kritischen Rückblick auf seine Arbeitsbiografie würde der Vater und Grossvater mehr Sorge tragen für sich und seine Nächsten: «Hier bin ich manchmal im roten Bereich gelaufen…», gibt er zu. Die Balance, ganz berufen in der Aufgabe zu stehen, sich einzubringen und sich wieder rauszunehmen, bedeute: «Ich bin nicht mein Geschäft – es ist meine Kindschaft vor Gott, die zählt. Mit ihm werde ich alt, nicht mit meinem Job.»

Er habe durch Krisen und Brüche die Erfahrung gemacht: «Ich bin getragen, Gott ist da – ich war am Nullpunkt, aber nicht bodenlos versunken.» Doch schon Dietrich Bonhoeffer stellte fest: «Gott kann aus unseren Fehlleistungen und Irrtümern mehr entstehen lassen als aus unseren Guttaten.» Die Bibel zeige viele Beispiele von gescheiterten Leitern – das generiere Hoffnung für Führungspersonen, ermutigt der Pfarrer im Ruhestand.

Hirtenzeit – Erinnerungen hüten

Ab 65 Jahren wird das Zeitfenster nach vorn kleiner, der Erfahrungs- und Erinnerungsraum grösser. Daniel Zindel findet: «Wir sollten unsere Erinnerungen deshalb wie eine Schatzkammer betreten, im Sinn von: «Vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.» Auch das Schwierige gehöre dazu, Fragmente, die bereinigt werden müssten, Demütigungen oder Situationen, in denen man schuldig geworden oder ungerecht behandelt worden sei. «Abgespaltenes kommt im Alter wieder zum Vorschein – auch das soll Platz haben, bearbeitet werden, um Versöhnung zu finden.» Es gehe darum, die verbleibende Zeit gut zu gestalten, der Seele Schutz zukommen zu lassen.

Zäsuren im Leben wie Jahreswechsel, neuer Arbeitsplatz, eine Scheidung, Kinder, die ausziehen, seien wichtige biografische Momente. Dann werde Vergangenes nochmals bedacht, dankbar festgehalten, was gelungen oder zugegeben, dass es nicht geglückt ist. Zindel zitiert nochmals Bonhoeffer: «Noch will uns das Alte unsre Herzen quälen, noch drückt uns böser Tage schwere Last. Ach Herr, gib unsern aufgescheuchten Seelen das Heil, für das du uns geschaffen hast.»

Das Licht kommt

«Immer, wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her», habe eine alte Bergbäuerin erklärt. «Ja, es kommt,» meint Zindel, «doch wann es kommt, kann sich hinziehen.» Eine lang andauernde Depression sei für Betroffene und ihr Umfeld eine grosse Belastung. «Manchmal muss man dann Ausschau halten nach der kleinen Ermutigung, die jetzt erkennbar ist», ermutigt er.

Er beschreibt das Bild eines Schusters, der Nägel in Schuhe schlägt – von oben beugt sich ein Engel über den Handwerker und flüstert ihm etwas ins Ohr. So sieht Daniel Zindel die Zusammenarbeit mit Gott: Während der Arbeit geschehe göttliche Inspiration. Selbstverantwortung zu übernehmen und gleichzeitig Gott wirken zu lassen, sei für ihn «ora et labora». Etwas weiterzugeben, Menschen zu prägen, zu befähigen für ihren Dienst, sei Aufgabe eines Leiters. «Gott führt uns dabei und kommt mit uns zum Ziel.»

Sehen Sie sich hier den Talk mit Daniel Zindel an:

Zum Thema:
Dossier: Livenet-Talk
Dossier: Vom Hirten und seinen Schafen
Ein Ermutigungsbuch für Eltern: Cathy & Daniel Zindel: «Man erzieht nur mit dem Herzen gut!»

Datum: 07.01.2025
Autor: Mirjam Fisch-Köhler
Quelle: Livenet

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