Hilfe beim Ausstieg

Wie «blossom» Frauen in Prostitution aufblühen lässt

Mitglieder des Verein «blossom» (Eva Messmer ganz rechts in schwarz)
Der Verein «blossom» setzt sich seit sieben Jahren für Frauen in der Prostitution im Kanton Thurgau ein. Die Verteilzeitung «Viertelstunde» von der SEA porträtiert, wie es dazu gekommen ist und wie dieser Einsatz aussieht.

Vielleicht wurde das erste Kapitel von «blossom» in San Francisco geschrieben. Vor rund zwei Jahrzehnten. Damals machte Eva Messmer, die Gründerin von «blossom», dort einen Einsatz auf dem Strich für Homosexuelle. «Ich hatte keine Berührungsängste», erzählt Eva Messmer, «und fand es toll.»

Zurück in der Schweiz folgten Jahre gefüllt mit Hochzeit, Familienarbeit sowie Engagements in der Freikirche. Bis die gelernte Kleinkindererzieherin und vierfache Mutter im Frühling 2015 ein inspirierendes Buch las. «Ich wollte wieder mehr mit Gott erleben», so Eva Messmer. Schnell sei ihr klar geworden, dass sie sich entweder in der Asylarbeit oder im Dienst für Frauen in der Prostitution engagieren wolle.

Besuche und praktische Hilfe

Sie diskutierte ihre Ideen vor allem mit ihrem Mann, las Bücher und ging in Winterthur bei einem Besuchsdienst schnuppern. «Ich wollte sehen, ob ich es als Mama noch ertrage», sagt Eva Messmer. Danach war ihr klar, dass sie so etwas im Thurgau aufbauen möchte. Sie fragte eine Freundin und ihre Schwägerin als Unterstützerinnen an: in Form von Gebet. Im Dezember 2015 machte Eva Messmer mit einer Freundin den ersten Besuch unter Frauen in der Prostitution im Thurgau. Sie trafen auf offene Türen und hatten gute Begegnungen.

Im April 2016 folgte die Vereinsgründung als Besuchsdienst und praktische Hilfe für Frauen, die im Milieu tätig sind. Bei den Besuchen bringen sie jeweils ein kleines Geschenk mit, beispielsweise einen Lippenstift, sowie eine Ermutigung. Das kann etwa eine schön gestaltete Karte sein, auf der «Du bist wertvoll» steht. An Ostern bringen sie die Ostergeschichte mit – in der Herzenssprache der Frauen. Viele kommen aus Ungarn, einige sind Mütter und schicken das Geld ihren Familien, die sie ungefähr alle drei Monate für einen Monat sehen.

Ein Auf und Ab beim Ausstieg

Mittlerweile ist aus dem Besuchsdienst mit drei ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen mehr geworden: Es gibt zwei Secondhand-Kleiderläden für Frauen und im Besuchsdienst arbeiten etwa zehn Frauen mit, die jeweils zu zweit alle zwei Wochen in die gleichen Häuser gehen. Der Verein hat drei Handys, damit sie auch auf diese Weise mit den Frauen in Kontakt sein können. Seit 2021 hat «blossom» eine Mitarbeiterin zu 50 Prozent angestellt, die vor allem diejenigen Frauen unterstützt, die aussteigen wollen. Seit Kurzem mietet der Verein darum eine 4,5 Zimmer-Wohnung für Frauen, die sich einen neuen Alltag aufbauen wollen. In gut zwei Jahren haben es drei Frauen geschafft, sich neu zu orientieren.

Und auch aufzublühen? «Ja, auch schon beim Besuch im Milieu blühen die Frauen auf», sagt Eva Messmer in ihrer lockeren Art. Eine Barfrau habe ihr bestätigt: «Nach euren Besuchen geht es den Frauen besser als vorher!» Und Eva Messmer fügt an: «Eine Frau hat uns kontaktiert und mitgeteilt, dass sie zwei Tage nach unseren Besuchen nach Hause gereist sei, weil sie Hoffnung auf Veränderung geschöpft hatte.» Jedoch sei es manchmal, gerade auch im Prozess des Ausstiegs, ein «Aufblühen, Verwelken, Aufblühen», sagt Eva Messmer. «Ich habe lernen müssen, dies auszuhalten.» Zudem gelinge es nicht jeder Frau, die aussteigen wolle, bei diesem Entscheid zu bleiben.

Die Frauen werden von «blossom» auf verschiedenen Ebenen unterstützt. In der erwähnten Wohnung erhalten sie ein Zuhause. Zudem arbeiten sie in den ersten Monaten im Secondhand-Laden mit und produzieren mit einem Plotter liebevoll gestaltete Produkte wie zum Beispiel Geschenkanhänger oder verzierte Teeböxli zum Verkauf im Laden. «Diese Arbeit tut den Frauen gut, weil sie ein Resultat sehen», sagt Eva Messmer.

Verschenken und beschenkt werden

Es ist beeindruckend, wie stark sich Eva Messmer für die Frauen am Rande der Gesellschaft einsetzt. Ehrenamtlich. Meistens ungefähr einen Tag in der Woche, in Spitzenzeiten können es auch mal drei sein. Sie habe viel zu verschenken, wie zum Beispiel Friede, und werde immer wieder selbst beschenkt. Offensichtlich blüht auch die Gründerin von «blossom» in ihrem Einsatz auf.

Eine weitere Motivation lässt sich an ihrer linken Hand ablesen. Dort hat sie sich vier Worte tätowieren lassen: LOVE (liebe), PRAY (bete), WAIT (warte) und ACT (handle). Wahrscheinlich war und ist dieser Leitsatz ein weiteres wichtiges Kapitel in der Geschichte von «blossom».

Dieser Artikel erschien zuerst in der «Viertelstunde für den Glauben». Das Evangelium auf ansprechende Art und Weise selbst weitergeben? Das geht mit der «Viertelstunde»! Die Verteilzeitung «Viertelstunde für den Glauben», herausgegeben von der Schweizerischen Evangelischen Allianz, kann jetzt bestellt und verteilt werden.

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Datum: 11.03.2023
Autor: Marina Seger-Bertschi
Quelle: Viertelstunde für den Glauben

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