«Eine faszinierende Frage im schottischen politischen Diskurs»
Nicola Sturgeon, die seit 2014 an der Spitze der schottischen Regierung und der «Scottish National Party» steht, kündigte am 15. Februar 2023 ihren Rücktritt an und versprach, im Amt zu bleiben, bis die Nachfolge geregelt sei. Die Abgeordnete Kate Forbes, die auch als Kabinettssekretärin für Finanzen und Wirtschaft amtet, hat eine Kampagne für die Nachfolge Sturgeons gestartet.
Wie Sturgeon ist Forbes Mitglied der «Scottish National Party» und Verfechterin der Unabhängigkeit Schottlands vom Vereinigten Königreich. Sie unterscheidet sich jedoch von Sturgeon und vielen anderen Politikern in Grossbritannien dadurch, dass sie als Mitglied der calvinistischen «Free Church of Scotland» offen über ihren christlichen Glauben spricht und bei brisanten kulturellen Themen eine konservative Position vertritt.
«Hoffe, es ist in pluralistischer Gesellschaft möglich»
In einem Interview mit «STV News» äusserte sich Forbes zu Bedenken hinsichtlich ihrer religiösen Überzeugungen und deren Auswirkungen auf ihre politischen Ansichten. Auf die Frage nach ihren Ansichten zur gleichgeschlechtlichen Ehe gab Forbes an, dass sie gegen die Legalisierung gestimmt hätte.
«Ich hätte im Einklang mit meinem Gewissen für eine Position gestimmt, die in den meisten grossen Glaubensrichtungen wie dem Islam, dem Judentum und so weiter vertreten wird.» Sie sehe die Ehe als eine Verbindung zwischen Mann und Frau. Rechtlich gesehen akzeptiere sie die Homo-Ehe, jedoch nicht moralisch. «Ich hoffe, dass das in einer pluralistischen Gesellschaft möglich ist.»
«Politiker sollten Integrität haben»
Manche ihrer Unterstützer sind damit nicht einverstanden und unterstützen sie deshalb nicht mehr. Kate Forbes: «Ich respektiere deren Integrität. Geht es nicht genau darum? Politiker sollten die Integrität haben zu sagen, was sie glauben. Und wenn ich deren Recht verteidigen kann, eine Meinung zu vertreten, können sie dann mein Recht auch verteidigen?»
Sie lobte den Widerstand, den sie wegen ihrer Haltung zur gleichgeschlechtlichen Ehe erfahren hat, weil er «eine faszinierende Frage im schottischen politischen Diskurs ans Licht gebracht hat, nämlich die Frage, was Liberalismus bedeutet. Sind wir so illiberal geworden, dass wir diese Diskussionen nicht mehr führen können, oder sind einige Leute nicht mehr zurechnungsfähig? Dann sind das dunkle und gefährliche Tage für Schottland.»
«Pufferzonen» vor Abtreibungskliniken?
Auf die Frage nach ihrer Haltung zu «Pufferzonen», die Menschen daran hindern, in einem bestimmten Abstand zu einer Abtreibungsklinik zu protestieren, antwortete sie: «Ich denke, dass alle, die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen, dies nicht leichtfertig tun.» Frauen sollten nicht «Angst und Belästigung» ausgesetzt werden.
Sie selbst vertritt eine lebensbejahende Haltung. In einem früheren Statement sagte sie, «dass der Massstab für wahren Fortschritt darin besteht, wie die Ungeborenen und unheilbar Kranken behandelt werden».
Die Mitglieder der «Scottish National Party» werden vom 12. bis 27. März die Möglichkeit haben, einen neuen Vorsitzenden zu wählen.
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