Nationalrat für «Ehe für alle» mit Samenspende
«Ungleichbehandlung beseitigt»
Bundesrätin Karin Keller-Sutter stellte sich in der Debatte vom 11. Juni 2020 hinter die «Ehe für alle»: «Der Bundesrat begrüsst es, dass damit die heutige Ungleichbehandlung beseitigt wird», sagte sie. Erwartungsgemäss lehnte der Nationalrat einen Antrag auf Nichteintreten ab. Erfolglos war auch der Widerstand der SVP gegen die Kernbestimmung der Vorlage, mit der die Ehefähigkeit unabhängig vom Geschlecht formuliert wird.
Für Debatten sorgte die Frage, ob weiblichen Ehepaaren der Zugang zur Samenspende gewährt werden soll. Justizministerin Karin Keller-Sutter erinnerte in der Debatte an das Grundrecht der Kinder auf Kenntnis ihrer Abstammung, das bei der Samenspende infrage gestellt sei. Auch erinnerte sie daran, dass der Bundesrat derzeit prüfe, ob eine weitere Partnerschaftsform als Rechtsinstitut ausserhalb der Ehe und unabhängig von der Geschlechterzusammensetzung sinnvoll sein könnte.
Kommission war gegen Samenspende
Die Rechtskommission des Nationalrats, die die Vorlage ausgearbeitet hatte, stellte diese Möglichkeit in der Vernehmlassung zur Diskussion. Obwohl der Vorschlag mehrheitlich gut aufgenommen wurde, entschied sie sich knapp dagegen. Der Zugang zur Samenspende für miteinander verheiratete Frauen könne die gesamte Vorlage gefährden, begründete Kommissionssprecher Beat Flach (GLP/AG) den Entscheid.
Einige heikle Fragen bleiben nach der heutigen Debatte vorerst offen, weil sie viel Zündstoff bergen. So wurde auf Anpassungen bei der Hinterlassenenrente verzichtet, um die Vorlage nicht zu gefährden. Auch die Leihmutterschaft stand nicht zur Diskussion. Diese wäre Voraussetzung dafür, dass auch schwule Paare Kinder bekommen könnten. Dafür sind die politischen Hürden ungleich grösser als für die Samenspende, die für heterosexuelle Ehepaare heute schon zulässig ist.
Ablehung der «E»-Parteien
Wie eingangs erwähnt, sprach sich die EDU gegen die Öffnung der traditionellen Ehe von Mann und Frau aus. Auch die EVP-Ratsmitglieder lehnen die Vorlage ab. Die Partei zitiert in ihrer Medienmitteilung vom 11. Juni 2020 Nationalrätin Marianne Streiff: «Die Mehrheit des Nationalrates will auch die Fortpflanzungsmedizin für homosexuell empfindende Menschen öffnen. Die Fortpflanzungsmedizin ist jedoch als medizinische Ultima ratio gedacht. Gleichgeschlechtliche Paare können von Natur aus kein Kind zeugen. Deshalb sollten wir hier nicht künstlich eingreifen.»
Auch die Parteibasis der EVP hatte sich in einem im Februar erhobenen Meinungsbild mit mehr als 86 Prozent deutlich gegen eine Kernvorlage inklusive Samenspende für weibliche Ehepaare ausgesprochen (Livenet berichtete).
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Datum: 12.06.2020
Autor: Florian Wüthrich
Quelle: Livenet / kath.ch