«Verloren und verwirrt»

Einflussreiches US-Magazin «Christianity Today» für Amtsenthebung

Die Nachricht war ein Paukenschlag in den USA: Das evangelikale Magazin «Christianity Today» spricht sich dafür aus Präsident Trump seines Amtes zu entheben.
Donald Trump (Bild: Facebook)
Mark Galli, Chefredaktor von «Christianity Today»
Pastor Franklin Graham

Der Artikel und die darin enthaltene Kritik fand Eingang in die Berichterstattung der Zeitungen und Fernsehsender. In seinem Meinungsbeitrag argumentiert der Chefredaktor von «Christianity Today» (CT), Mark Galli, für die Amtsenthebung von Donald Trump. Es sei Zeit dies auszusprechen, weil der Charakter dieses Präsidenten offenbar geworden sei. Das Magazin gehört zu den einflussreichen Medien der evangelikalen Christen im Land. Und die weissen, evangelikalen Christen wiederum zur treuesten Wählergruppe von Donald Trump.

Amtsenthebung unwahrscheinlich

Am 18. Dezember beschloss das Repräsentantenhaus, ein förmliches Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten einzuleiten. Trump wird vorgeworfen, sein Amt missbraucht und den Kongress bei seinen Ermittlungen gegen ihn behindert zu haben. Die Amtsenthebung gilt aber als nicht wahrscheinlich, weil die Republikaner im Senat die Mehrheit haben und hier eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig sei, um einen Beschluss zur Amtsenthebung zu fassen.

Der Präsident habe mit seiner Macht versucht, so Galli, einen ausländischen Führer (gemeint ist der ukrainische Präsident) dazu zu zwingen, gegen einen seiner politischen Gegner (es geht um Joe Biden, der sich um die Präsidentschaft bewirbt) vorzugehen. Das sei ein Verhalten, das sich gegen die Verfassung richte und «zutiefst unmoralisch» sei.

Glaubwürdigkeit der Christen geht verloren

Galli spricht grundsätzlich vom «unmoralischen Charakter des Präsidenten». Trump habe es sich zudem zur Gewohnheit gemacht, auf Twitter die Dinge falsch darzustellen, zu lügen und andere zu verleumden. Er sei ein «nahezu perfektes Beispiel für einen moralisch verlorenen und verwirrten Menschen».

Galli argumentiert, dass sich die Unterstützer Trumps fragen lassen müssten, wie dies auf Ungläubige wirke. Das beeinträchtige das Zeugnis für Jesus, den Herrn und Retter. Wer Trump unterstütze, verliere die Glaubwürdigkeit sich später einmal zu Fragen der Gerechtigkeit und Rechtschaffenheit zu äussern.

Trump: «Magazin ist links und hat keine Ahnung»

Trump reagierte in einem Tweet herablassend und mit scharfer Kritik auf den Artikel. Mit Blick auf die Vorwürfe gegen Trump im Zusammenhang mit der Ukraine-Affäre und seinem Telefonat mit dem ukrainischen Staatspräsidenten sagte Trump, dass «Christianity Today» keine Ahnung davon habe, inwieweit die Telefon-Kommunikation in Ordnung und angemessen sei.

Es habe keinen Präsidenten gegeben, der mehr für die evangelikale Gemeinschaft getan habe als er. Trump qualifizierte «Christianity Today» als eine sehr linke Publikation ab, die die Demokraten unterstütze und seit Jahren nichts mit der Familie Graham zu tun habe. Er werde das Magazin künftig nie mehr lesen.

Billy Graham gründete «Christianity Today»

Das Magazin «Christianity Today» wurde von dem Evangelisten Billy Graham gegründet, der im Februar 2018 verstarb. Sein Sohn Franklin verwahrt sich gegen die Inanspruchnahme seines Vaters, wenn es gegen Trump gehe. Franklin Graham ist seit Jahren ein starker Unterstützer Trumps. Die Vorwürfe gegen Trump im Rahmen des Amtsenthebungsverfahren hält er für Lügen. Er ist der Meinung, dass Trump sich für die Religionsfreiheit engagiere wie kein anderer Präsident.

Doch darunter verstehen viele rechte Evangelikale nicht die nur die freie Religionsausübung. Sie verbinden damit auch die Erwartung, dass Kirchengemeinden sich mit ihren Ressourcen (Geld, Mitarbeiter und Predigt) für einen politischen Kandidaten einsetzen dürfen. Nach jetziger Regelung ist dies den Gemeinden verboten. Im Falle eine Zuwiderhandlung droht den Gemeinden der Entzug der Gemeinnützigkeit.

Im Kalkül einiger christlicher Meinungsführer, zu denen wohl auch Franklin Graham gehört, wäre dies die Chance für evangelikale Christen, direkten politischen Einfluss auszuüben. Donald Trump hat sich diese Forderung zu eigen gemacht, weil er auf eine dauerhafte Unterstützung evangelikaler Gemeinden für ihn selbst wie für andere rechte oder republikanische Kandidaten hofft.

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Datum: 23.12.2019
Autor: Norbert Abt
Quelle: Livenet

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