IGFM zitiert iranische Presse

Haben die Behörden des Iran Bibeln verbrannt?

In der Islamischen Republik Iran sind im Jahr 2010 offenbar mehrere hundert Bibeln von staatlichen Behörden verbrannt worden, berichtet die IGFM kürzlich. Sowohl im Iran als auch international sind diese Bibelverbrennungen kaum beachtet worden.
Christen leben im Iran derzeit in einem finstern Tal; symbolisches Bild aus der iranischen Stadt Isfahan (Foto: Nevit Dilmen).
Unter Irans Präsident Mahmud Ahmadinejad verschärfte sich die Lage der Christen (Foto: Marcello Casal Jr/ABr).

Ganz im Gegensatz zur angekündigten, aber nicht durchgeführten Verbrennung des Koran durch den Pastor einer christlichen Splittergruppe mit fünfzig Mitgliedern im US-Bundesstaat Florida fanden die iranischen Bibelverbrennungen keinen internationalen Protest.

Pastor Terry Jones aus Gainesville (Florida) hatte für den 11. September 2010, dem Jahrestag der Anschläge auf das World Trade Center in New York, erfolglos zu einem „Verbrennt-den-Koran-Tag“ aufgerufen. Der Pastor der nur rund fünfzig Personen zählenden Gemeinde hatte nach scharfen Protesten von seinem Vorhaben abgesehen.

Nicht nur christliche Kirchen weltweit hatten gegen die Verbrennung des Koran interveniert, sondern auch zahlreiche westliche Staatsoberhäupter und Regierungschefs, darunter die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und der Präsident der Vereinigten Staaten Barak Obama.

Meldung durch Pasdaran-nahe iranische Online-Medien

Anders verhielt es sich bei der Verbrennung von Bibeln im Iran. Die erste der „Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte“ (IGFM) bekannte offizielle Veröffentlichung erfolgte am 29. Mai 2010 durch das iranische Onlinemagazin Atynews unter dem Titel: „Unter der Leitung der Okkupanten: Ungewöhnliche Zunahme von Schmuggel der verfälschten Evangelien und Thoras in den Iran“.

Mit „Okkupanten“ waren dabei nicht nur die US-Truppen im Irak gemeint, sondern auch britisches Militär und vermutlich allgemein US-Amerikaner und „westliche“ Staatsangehörige. Die Bezeichnung „verfälschte Evangelien und Thoras“ bezieht sich auf vollständige Bibeln mit dem Neuen und Alten Testament.

Nach klassischer islamischer Rechtsauffassung sind das Alte und das Neue Testament von Juden und Christen verfälscht und die angeblich früher vorhandenen Ankündigungen von Mohammeds Kommen entfernt worden.

Hunderte Bibeln verbrannt

Laut Atynews soll ein Mitarbeiter der iranischen Sicherheitskräfte in der Provinz West-Aserbaidschan diese Meldung veröffentlicht haben. Er betonte, dass die „Okkupanten“ angeblich eine wichtige Rolle beim Bibelschmuggel spielten und Bibeln über die irakischen Grenzen ins Land gebracht würden.

Nach seinen Angaben würden die Bibeln zum Teil in die iranische Provinz West-Aserbaidschan, zum grösseren Teil aber in andere Regionen geschmuggelt werden. Innerhalb von nur wenigen Monaten wären „hunderte Bände von verfälschten Evangelien und Thoras“ bei der Einfuhr ins Land in einem Grenzgebiet von Sardascht entdeckt und verbrannt worden, berichtete der Verantwortliche. Er forderte, die Bürger über diese Vorfälle zu informieren.

Täglich würden auch größere Mengen von „Tabletten“, die ebenfalls die Gedanken verwirrten, über die irakischen Grenzen ins Land eingeführt. Gemeint sind vor allem die sogenannten „Shabu-Tabletten“, die Amphetamine enthalten und seit Jahren auf dem iranischen Schwarzmarkt zu finden sind.

Atynews ist ein Online-Magazin unter der Leitung von Mortezâ Talâyi Pasdaran, einem hohen Offizier der regiemtreuen „Armee der Wächter der Islamischen Revolution“. Auch PräsidentMahmud Ahmadinedschad gehörte ihnen an. Der Direktor von Atynews ist der ehemaligen Führer der Pasdaran in den Städten Meyme, Khansar und Kaschan und das ehemalige Oberhaupt einer Polizeibehörde der Provinz Isfahan und später der Provinz Mazandaran.

Wörtlich übersetzt bedeutet der Name dieser Polizeibehörde „Niru-ye entezami“ (NAJA) in etwa „Ordnungskräfte“. Ausserdem war er Polizeichef von Teheran. Er ist jetzt der Kulturausschuss-Vorsitzende des Stadtrats von Teheran. Atynews ist seit Mitte Januar 2010 online.

Bibeln in Farsi verboten

In der Islamischen Republik Iran sind eine grosse Zahl von Veröffentlichungen offiziell oder inoffiziell verboten. Dazu gehören säkulare Werke, die Arbeiten mancher reformorientierter Theologen und Veröffentlichungen von Kritikern des islamischen Klerus wie Ali Daschti, einem geistigen Gegenspieler Ayatollah Khomeinis. Daschti wurde im Zuge der islamischen Revolution im Iran verhaftet und starb 1981 an den Folgen der Folter.

Ali Daschti war bereits zuvor durch den Schah verfolgt worden und in den Jahren 1935/36 in Haft. Ali Daschtis berühmtestes Werk „23 Jahre“ über den islamischen Propheten Mohammed ist zwar in Deutschland problemlos auf farsi erhältlich, nicht jedoch im Iran selbst. Zu den de facto verbotenen Büchern zählen auch evangelistische Schriften und Bibeln in farsi.

Nach dem in der Islamischen Republik geltenden Recht kann mit dem Tod bestraft werden, wer sich vom Islam abwendet oder wer einen Moslem dazu „verleitet“, sich vom Islam abzuwenden. Gleichzeitig fördert der iranische Staat die islamische Mission von Nichtmoslems mit großem Aufwand.

Zwei Tage nach der Veröffentlichung durch Atynews, am 31. Mai 2010, wurde dieselbe Nachricht von der iranischen Zeitschrift Vaten-Emrooz, veröffentlicht. Vatan-e-Emrooz wird sowohl als gedruckte Zeitschrift als auch online seit Januar/Februar 2008 veröffentlicht. Ihr Konzessionsinhaber ist Mehrdâd Bazrpâsch, der ehemalige Leiter der Studentischen Basij der Universität Scharif in Teheran.

Die Basij, auch Basidsch-e Mostaz'afin („die Mobilisierten der Unterdrückten“) genannt, sind eine Miliz der Revolutionswächter, die im Westen vor allem durch gewalttätige Übergriffe auf Regimekritiker bekannt wurde und durch die gewaltsame Niederschlagung der Proteste nach den gefälschten Präsidentenwahlen vom 12. Juni 2009.

Information durch christliche Online-Medien

Am 2. Juni 2010 berichtete das Farsi Christian News Network. FCNN verfasste die Nachricht zuerst auf persisch und einen Tag darauf auf englisch, so dass die Information über die Bibelverbrennungen weltweit zugänglich waren. Das Farsi Christian News Network (FCNN) stellte den Verantwortlichen für die Bibelverbrennungen die Frage, worin sich die als „verfälscht“ bezeichneten Bibeln von gebräuchlichen Bibeln unterschieden.

FCNN warf den Machthabern Irans vor, Führungsmitglieder der Kirchen zu unterdrücken. Die Behörden verlangten von den Kirchen, stets eine Liste von Teilnehmern am Gottesdienst einzureichen, Persisch-Sprechenden keinen Zugang zur Kirche zu gestatten und nicht auf persisch zu predigen. Baugenehmigungen für neue Kirchen würden verweigert, und die Publikation und Verbreitung von Bibeln im Iran sei verboten.

Ein kurdischer Leser schrieb auf der persischen Seite des FCNN einen Kommentar, dass bereits am 31. Mai 2009 1200 Bibeln von iranischen Behörden entdeckt worden waren. Wie und wann diese Bibeln vernichtet worden sind, ist dem Kommentar nicht zu entnehmen. Angeblich waren aber zahlreiche Konvertiten gezwungen, den Iran zu verlassen, vor allem mit dem Ziel Irakisch-Kurdistan und Europa.

Auch in der Vergangenheit hat es wiederholt Berichte über die Beschlagnahmung und Vernichtung von Bibeln im Iran gegeben. Die IGFM hat aber keine Möglichkeit diese Berichte zu verifizieren. Die IGFM wendet sich gegen Bücherverbrennung jeder Art.

Datum: 21.10.2010
Quelle: IGFM

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