Auf den Spuren der Apostel Paulus und Petrus
Rom beeindruckt mit Superlativen. Der Vatikan mit Petersdom, Museum und der Sixtinischen Kapelle, die Grabstätten von Petrus und Paulus, das Kolosseum, der Pantheon, die Priscilla-Katakomben und Kirchen an jeder Ecke liessen Bilder aus der Zeit des römischen Imperiums und die ersten Christen entstehen. Gerade weil viele Sehenswürdigkeiten in Gehdistanz zu bewundern sind, waren die Eindrücke überwältigend.
Johannes Huber, Pfarrer der reformierten Kirche Gossau ZH, und Urs von Orelli, Architekt, kombinierten Fakten des Glaubens mit denen der Bauwerke. Sie führten eine Gruppe von 25 Personen während fünf Tagen durch Rom. Die erste Überraschung war, dass Christi Himmelfahrt (Auffahrt) hier nicht als Feiertag gilt. Das Leben pulsierte wie an jedem anderen Tag in der italienischen Hauptstadt, es herrschten sommerliche Temperaturen und viel Italianità. Strassencafés, Gelati und Pizza, viele, viele Touristen und Souvenirs waren überall präsent. Jedoch kein Glockengeläut, kein spezieller Gottesdienst, zu dem eine der vielen Kirchen einlud.
Lebensimpulse
Die Sehenswürdigkeiten wurden von Johannes Huber immer wieder durch passende Bibelabschnitte ergänzt. So erklärte er der Reisegruppe den Begriff Glauben, der landläufig auch als Vermutung gedeutet werde: jemand glaube, die Haustür sei geschlossen. «Das hebräische Wort Glauben lautet 'ämet', was sprachlich verwandt ist mit 'Amen', 'Amme' oder 'Em': Mutter», erklärte der Theologe.
Es beinhalte viel mehr als den erwähnten Alltagsglauben, nämlich auch Unverrückbarkeit, Zuverlässigkeit, Wahrheit oder Treue. «Abraham war absolut überzeugt davon, dass Gott treu ist, über den Tod hinaus», erklärte Huber. Der Vater habe deshalb nicht damit gerechnet, dass sein Sohn Isaak vor dem Tod bewahrt werde, sondern dass Gott ihn auferstehen lasse (Römer Kapitel 4, Vers 17). Auch die ersten Christen in Rom hätten mit dem Tod rechnen müssen, wenn sie an ihrem Glauben festhielten. Doch ihr Zeugnis klinge bis heute nach in dieser Stadt.
Kolosseum
Urs von Orelli wusste viel zu berichten über die Bauten der Heiligen Stadt. «Das Ausmass des Kolosseums ist gigantisch», erklärte der junge Architekt. «Das vier Stockwerke hohe Amphitheater war das grösste der Antike. Acht Jahre lang hatten die Bauarbeiten gedauert, bezahlt wurde er mit Gold, das aus dem Tempel in Jerusalem hergeschafft worden war.»
Ursprünglich habe es Platz geboten für 50'000 Besucher. «Nach der Eröffnung fanden während 100 Tagen ständig Attraktionen fürs Volk statt, zum Beispiel Seeschlachten, die im eigens dafür mit Wasser gefüllten Theater inszeniert wurden.» Oder auch Hinrichtungen. Wer über die Ruinen blickte, erkannte die einstigen Käfige für die Gefangenen, die Rampe oder das Modell der Hebebühne, auf denen die Löwen zu ihnen gelangen konnten. Die Verse aus dem Römerbrief Kapitel 5, die Pfarrer Huber später zitierte, gaben diesen Eindrücken eine neue Dimension: «Wir rühmen uns auch der Bedrängnisse, weil wir wissen: Bedrängnis wirkt Geduld, Geduld aber Bewährung, Bewährung aber Hoffnung, Hoffnung aber lässt nicht zuschanden werden.»
Vatikanstadt mit dem Petersdom
Auch der Dom hat unvorstellbare Ausmasse. Seine Kuppel ist 92 Meter hoch. Er wurde auf Petrus Grab errichtet, es ist im Hauptraum zu sehen. Die Höhe, Weite, Grösse, die Dekorationen, Mosaiken, Malereien und Goldverzierungen des Gotteshauses luden ein, dem Schöpfer aller Schönheit und Kreativität Ehre zu erweisen. In Seitenkapellen finden immer wieder Messen statt, an denen Touristen und Einheimische teilnehmen. Einige der Besucher aus der Schweiz setzten sich auch eine Weile dazu. Etliche stiegen über 500 Stufen hoch in den Turm, um den Ausblick über die Stadt zu geniessen (siehe Titelbild). Oder sich vorzustellen, wie das Leben für Christen damals gewesen sein mag, wo sie gelebt und sich getroffen hatten.
«Die Juden waren oft päpstliche Ratgeber, doch richtig integriert waren sie nicht», erklärte Johannes Huber. Dass sie nur einen Gott anbeteten, habe ihre Zeitgenossen irritiert. Diese hatten mit dem Pantheon ein allen Göttern geweihtes Haus errichtet. Etwa im Jahr 609 nach Christus wurde es dann von Papst Bonifatius IV. in eine Kirche zu Ehren Marias und aller Märtyrer umgewandelt.
Katakomben
Verstorbene durften in der Antike nur ausserhalb der Stadtmauern begraben werden. Die Priscilla-Katakomben sind daher ein Stück vom Zentrum entfernt. Tief unter der Erde sind die Tuffsteinnischen heute noch gut erhalten, auch einzelne Marmortafeln, mit Namen beschriftet oder Zeichnungen versehen. Ein katholischer Priester erklärte den Besuchern, dass sich hier niemand versteckt habe. «Doch die Christen feierten hier Gottesdienst und das Abendmahl.» Einzelne Fragmente deuten darauf hin. Man vermute, dass sie diesen Ort aufsuchten, um denen nahe zu sein, die bereits die Ewigkeit bei Jesus erlangt hätten.
Vier Tage reichen bei weitem nicht aus, um alle Spuren christlichen und jüdischen Ursprungs in Rom zu entdecken. Doch die Reise-Teilnehmenden der reformierten Kirche Gossau ZH kehrten beeindruckt nach Hause zurück. Dankbar für das Vorbild ihrer Glaubensgeschwister aus längst vergangener Zeit.
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Datum: 07.06.2022
Autor: Mirjam Fisch-Köhler
Quelle: Livenet