Livenet-Talk über C.S. Lewis

«Eine Sekunde Freude wiegt mehr als zwölf Stunden Vergnügen»

Dr. Norbert Feinendegen
Am heutigen 22. November jährt sich der Todestag von C.S. Lewis zum 60. Mal. Im Livenet-Talk sprach Lewis-Experte Dr. Norbert Feinendegen über den vielleicht grössten christlichen Denker des 20. Jahrhunderts.

Clive Staples Lewis (1898 -1963) hat Millionen Männer, Frauen und – dank der «Narnia»-Serie – auch Kinder auf der ganzen Welt in ihrem spirituellen Weg entscheidend beeinflusst. Lewis startete als Atheist, wurde in einem jahrelangen Prozess zuerst Deist (jemand, der Gott anerkennt) und dann später Christ. Christus wurde dem vielseitig gelehrten Mann zum Schlüssel zum Verständnis zur ganzen Wirklichkeit: «Ich glaube an Christus wie an die Sonne – nicht weil ich sie sehe, sondern weil ich durch sie alles andere sehen kann.»

Diesem Weg nachzuspüren und ihn deutlicher aufzuzeigen – das war das Motiv für Feinendegen, eine neue, «spirituelle» Biografie des grossen Denkers und Autors zu verfassen. In herkömmlichen Biografien werde der innere Weg Lewis' zum Glauben oft nicht genügend berücksichtigt. Der Titel der neuen Biographie: Überrascht von Gott.

Schon als Kind gespürt

Was stand am Anfang? C.S. Lewis berichtet rückblickend von mehreren tief emotionalen Erfahrungen der Freude, die bis ins Kindesalter zurückgehen und die sich nur schwach mit «Freude, Seligkeit, Sehnsucht» umschreiben lassen. Es waren Erfahrungen, die ihn ganz tief trafen, ihm Tränen in die Augen trieben und zeitlebens eine ganz grosse Sehnsucht in seiner Seele zurückliessen. «Dieser Hunger ist besser als jede andere Erfüllung», schrieb er später. Seine spirituelle Suche und sein philosophischer Weg führten ihn vom anfänglichen Atheismus zum Pantheismus; die nordischen Mythologien mit ihrer eher dunklen Imagination spielten eine wichtige Rolle. 

Immer war er auf der Suche nach der Quelle dieser tiefen Erfahrung von «Joy». Für ihn war klar: «Eine Sekunde von Joy wiegt 12 Stunden von Vergnügen auf». Es war ein Moment im Jahr 1930 (wie Feinendegen das bekannte Bekehrungsjahr neu datiert), wo C.S.Lewis als der «widerstrebendste Gläubige im ganzen englischen Königreich» niederkniete und anerkannte: Gott existiert. Gott ist Gott. Jetzt wusste er: diese Sehnsucht nach Freude, die ihn von Kindheit an antrieb, war im Tiefsten die Sehnsucht nach Gott und dem «Himmel».

Tolkien und andere

Oft wird gesagt, dass J.R.R. Tolkien, der Schöpfer von «Der Herr der Ringe» und anderen Werken, eine massgebliche Rolle beim spirituellen Weg von C.S. Lewis spielte. Die beiden waren bekanntlich mit anderen Teil eines Freundeskreises von Schriftstellern, die sich «The Inklings» nannten und sich gegenseitig aus ihren Werken vorlasen. Die neue Biografie weist nun nach, dass man den Einfluss Tolkiens relativieren muss: sie lernten sich erst relativ spät kennen, und es war vor allem ein Nachtgespräch, in dem der Katholik Tolkien Lewis von der Unausweichlichkeit überzeugte, Christus und damit auch den biblischen Gott anzuerkennen, der ein Mythos UND gleichzeitig historische Wirklichkeit ist. Tolkiens Rolle bei der Bekehrung von Lewis war also eine eher punktuelle Schlüsselrolle.

Narnia-Verfilmungen?

Die einmalige, reiche Bilderwelt der Narnia-Erzählungen hat diverse Verfilmungen hervorgebracht - für Feinendegen um so wertvoller, je näher sich die Filme an das Skript der Narnia-Originale halten. Für Hollywood-Hinzufügungen und romantische Ausschmückungen hat er hingegen nicht viel übrig. Auch in Bezug auf die angekündigte neue Netflix-Verfilmung von Narnia hofft er, dass sie die Geschichte vorlagengetreu erzählt und nicht bloss «Fantasy im Stil von Narnia» hervorbringt.

Aber Lewis ist mehr als Narnia. Sein umfangreiches Werk ist von zeitloser Wichtigkeit. So war «Die Abschaffung des Menschen» klar prophetisch: «Wir sehen die Tendenzen heute überall», so Feinendegen. Auch die transhumanistische Agenda ist in «That Hideous Strength» klar vorgezeichnet. In «Über den Schmerz» schreibt Lewis über die tiefsten Fragen des Menschseins, und in «Pardon, ich bin Christ» erklärt er den christlichen Glauben auf tiefe und doch verständliche Art. Feinendegen: «Anstoss gaben Lewis immer wieder seine Erfahrungen. Die Erfahrung des Guten, des Schönen und des Heiligen, die er nicht erst als Christ gemacht hat, machen viele Menschen; da kann man wunderbar anküpfen.»

Gab es in der Neuzeit ähnlich einflussreiche christliche Autoren? Feinendegen sieht international niemanden von ähnlichem Einfluss. «C.S.Lewis war einer der letzten universal gebildeten Menschen. Das Wissen heute ist viel mehr aufgesplittet, da hat keiner mehr den Überblick.» Darum sei Lewis nach wie vor hochaktuell und extrem bereichernd zum Lesen.

Sehen Sie sich den Talk mit Dr. Norbert Feinendegen an:

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Datum: 22.11.2023
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet

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