Debatte um Homosexualität

Bevorstehende Spaltung der Evangelisch-methodistischen Kirche?

Die weltweit organisierte Evangelisch-methodistische Kirche EMK (United Methodist Church, UMC) steht kurz vor einer Trennung. Laut einer Pressemitteilung der EMK sei die Ursache dafür ein seit Jahrzehnten schwelender Streit über den Umgang mit Homosexuellen in der Kirche. Ein jetzt vorgelegter Kompromiss spreche sich für eine Trennung aus als «das beste Mittel, um unsere Differenzen zu lösen».
Ehe für alle
Harald Rückert, Bischof der Evangelisch-methodistischen Kirche in Deutschland.

Basis dieser sich anbahnenden und die EMK weltweit betreffenden Trennung sei der jetzt vorgelegte Bericht einer international besetzten Arbeitsgruppe, der vom internationalen Bischofsrat unterstützt werde. Bei Annahme der Vorlage durch die im Mai tagende Generalkonferenz als oberstes EMK-Kirchenparlament ist laut Pastor Klaus Ulrich Ruof (Frankfurt/Main), Pressesprecher der EMK in Deutschland, eine Trennung der Kirche zu erwarten.

Nach jetzigem Stand werde dennoch die weltweite Evangelisch-methodistische Kirche (United Methodist Church) als Kirche fortbestehen, in der es wie schon in der bisherigen Praxis Platz für verschiedene Frömmigkeitsausprägungen und Überzeugungen gebe, so Ruof. Hinsichtlich der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare und der Ordination Homosexueller werde sich die bestehende Kirche öffnen. Dazu sollen aus der weltweit gültigen Kirchenordnung die bisherigen restriktiven Passagen hinsichtlich des Umgangs mit Homosexuellen entfernt werden.

Die sich gegen die Öffnung positionierenden Teile der Kirche würden eine neue, traditionell orientierte methodistischen Kirche bilden («new traditionalist Methodist denomination»). Diese werde sich von der EMK trennen und unabhängig strukturieren. Aus dem bisherigen gemeinsamen Kirchenvermögen erhalte die neue methodistische Kirche 25 Millionen US-Dollar (22,4 Millionen Euro).

Respektvolle Trennung erwartet

Dem Vorschlag zur Lösung des Konflikts wären internationale Gespräche vorausgegangen, an denen seit August 2019 sechzehn Vertreter der Kirche beteiligt gewesen seien; darunter drei Bischöfe von ausserhalb der Vereinigten Staaten (je einer aus Europa, Afrika und den Philippinen) und fünf aus den USA. Die acht weiteren Mitglieder der Arbeitsgruppe wären als Meinungsführer von in den USA aktiven Gruppierungen entsandt worden, die in theologischen Fragen weit auseinanderliegende Überzeugungen vertreten würden.

Der Initiator John Yambasu, Bischof der EMK in Sierra Leone, wollte laut Ruof die zuvor US-lastige Auseinandersetzung auf eine breitere Basis stellen, um damit die Stimmen der EMK von ausserhalb der Vereinigten Staaten zu Gehör zu bringen. Unter Anleitung des unentgeltlich arbeitenden Mediators Kenneth Feinberg, der in den USA schon viele komplizierte Mediationsprozesse begleitet habe, einigte sich die Gruppe einstimmig auf den Vorschlag einer geordneten und einvernehmlichen Trennung. Diese sei laut einer veröffentlichten Erklärung «das beste Mittel, um unsere Differenzen zu lösen». Damit könne jeder Teil der Kirche «seinem theologischen Verständnis treu bleiben und gleichzeitig Würde, Gleichheit und Integrität anerkennen sowie den Respekt gegenüber jeder Person bewahren».

Methodisten der Schweiz, Frankreich und Nordafrika

Die Methodisten und Methodistinnen in der Schweiz sind «Teil der 'Jährlichen Konferenz' (Synode) Schweiz-Frankreich-Nordafrika, die unter der bischöflichen Aufsicht von Bischof Dr. Patrick Streiff (Zürich) steht. Sein Bischofsgebiet umfasst insgesamt 16 Länder in Mittel- und Südeuropa in der 'Zentralkonferenz Mittel-und Südeuropa'. In dieser Zentralkonferenz werden in dieser Frage sehr unterschiedliche Positionen vertreten», schreibt die EMK auf ihrer Webseite.

Darum wurde eine Spurgruppe beauftragt, mögliche Szenarien dafür auszuarbeiten, wie die EMK in diesem Gebiet in möglichst grosser inhaltlicher und/oder struktureller Einheit weiterhin miteinander unterwegs sein kann. An Informations- und Gesprächstagen im Januar an verschiedenen Orten und Daten in der Schweiz werden die Mitglieder der 'Jährlichen Konferenz' (Synode) über mögliche Szenarien informiert und können diese diskutieren, schreibt die EMK.

Methodisten in Deutschland weiterhin Teil der weltweiten EMK

Aus innerkirchlicher Sicht «ist das Besondere der jetzigen Situation die einstimmige Einigung auf den jetzt gemeinsam vorgelegten Vorschlag». Das betonte der für Deutschland zuständige Bischof der EMK, Harald Rückert (Frankfurt am Main). Der vierzig Jahre andauernde Konflikt, der sich in den vergangenen zwei Jahren zugespitzt habe, könne befriedet werden, weil sich erstmals alle beteiligten Gruppen auf einen Vorschlag hätten einigen können. Rückert selbst empfinde zwar «viele Schmerzen, weil es um die Trennung unserer Kirche geht, aber es ist wohl die unausweichliche Realität». Bei allem Schmerz sei das Ergebnis nun doch so, «dass es einen respektvollen Weg eröffne, auf dem unsere Kirche in Deutschland weiterhin Teil der weltweiten Evangelisch-methodistischen Kirche bleiben kann».

Für die aktuell in Deutschland an einem Runden Tisch diskutierte schwierige Lage der Kirche sei dieser Vorschlag eine gute Nachricht. Er habe das Potential, dass sowohl in Deutschland als auch weltweit ein grosser Teil der Kirche in der sich offener positionierenden EMK verbleiben könne. Ausserdem sei es erstmals gelungen, in der Entscheidungsfindung stärker die Sicht von Teilen der EMK von ausserhalb der Vereinigten Staaten zu Gehör zu bringen.

Entscheidung erst im Mai

Der vom Bischofsrat der EMK befürwortete Vorschlag der Arbeitsgruppe werde im kommenden Mai in Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota der dort tagenden Generalkonferenz zur Beschlussfassung vorgelegt, teilte Pastor Ruof mit. Dazu gehörten weitere Vereinbarungen wie die Rücknahme anderslautender Lösungsvorschläge. Ausserdem würden alle aufgrund des Vergehens gegen die Kirchenordnung eingeleiteten Disziplinarmassnahmen gegen pastorale Hauptamtliche ausgesetzt.

Zudem könne sich die EMK in den USA bei Zustimmung der Generalkonferenz zum jetzt vorgelegten Vorschlag künftig wie die Teile der EMK ausserhalb der Vereinigten Staaten strukturieren. Mit dieser weiteren organisatorischen Veränderung solle künftig vermieden werden, dass sich regional bedingte konfliktträchtige Themen zu weltweiten Kirchenkonflikten auswachsen, wie es in der bisherigen US-Zentrierung der Kirche in besonderer Weise im Umgang mit Homosexualität geschehen wäre.

Zum Hintergrund der Auseinandersetzung

Die Evangelisch-methodistische Kirche ging 1968 aus der Vereinigung zuvor eigenständiger Kirchen methodistischer Tradition hervor. In Deutschland waren dies die Methodistenkirche und die Evangelische Gemeinschaft. Vier Jahre später begann in der zur EMK vereinigten Kirche ein seit damals anhaltender Konflikt über den Umgang mit Homosexuellen in der Kirche. Anlass dafür waren laut Ruof restriktive Kirchenordnungsparagrafen, die 1972 von der Generalkonferenz, dem weltweit höchsten Kirchenparlament, beschlossen wurden. Diese beruhten auf dem Lehrgrundsatz, dass «Homosexualität unvereinbar mit der christlichen Lehre» sei.

Den vorläufigen Höhepunkt erreichte der Konflikt im Februar 2019. Damals scheiterte bei einer ausserordentlich einberufenen Generalkonferenz der vom Bischofsrat der Kirche favorisierte Vorschlag einer Öffnung der Kirche durch Streichung der restriktiven Kirchenordnungspassagen. Die Delegierten der Generalkonferenz beschlossen demgegenüber mit einer knappen Mehrheit von 438 zu 384 Stimmen, an den Vorschriften gegen die gleichgeschlechtliche Ehe und gegen in Partnerschaft lebende homosexuelle Pastoren festzuhalten und zusätzlich weitere, verschärfende Sanktionen einzuführen. Ausserdem wurde der 1972 beschlossene Lehrgrundsatz bestätigt, mit dem Homosexualität als «unvereinbar mit der christlichen Lehre» bezeichnet wird.

Zum Thema:
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Datum: 09.01.2020
Quelle: APD

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