Artur Siegert

«Gott will Wachstum»

In Deutschland boomt das K5-Leitertraining mit über 3'000 Anmeldungen im dritten Durchgang. Nun kommt der Kurs in die Schweiz. Im Interview erklärt Initiator und Leiter Artur Siegert, worauf es ihm beim Thema Leitung ankommt.idea Spektrum: Herr Siegert, es gibt schon viele Leiterschulungen. Warum haben Sie eine weitere gegründet?
Artur Siegert

Artur Siegert: In unserer Gemeinde fragten wir uns, wie wir Menschen auffangen können, die neu zum Glauben finden. Uns wurde sehr schnell klar, dass wir in Leiter investieren müssen, um die Strukturen zu stärken. Wir entwickelten ein Konzept, das besonders für Vielbeschäftigte interessant ist. Schulungstage finden nur alle drei Monate statt. Zudem ist der Kurs absolut praxisorientiert. Nur Personen, die selbst in Führungsverantwortung stehen, unterrichten. Das sind Leute aus der Wirtschaft, aus dem Gesundheitswesen und aus dem Gemeindekontext. Wir gehören zudem keiner Denomination an, damit möglichst viele verschiedene Personen zusammenkommen. Wir glauben, dass auf der gegenseitigen Wertschätzung geistlicher Segen liegt.

Macht es für Sie keinen Unterscheid, ob man in einem Unternehmen oder einer Gemeinde führt?
Ich würde sagen, dass es komplexer ist, eine Gemeinde zu führen als ein Unternehmen, weil man es im Wesentlichen mit Ehrenamtlichen zu tun hat. Es ist auch eine schönere Aufgabe, weil man niemanden zu etwas zwingen will, sondern eine Plattform bietet, damit Leute ihr Potenzial entdecken und sich gerne engagieren. Aber es gibt auch viele Parallelen. Ein guter Leiter, der eine Gemeinde leiten kann, könnte höchstwahrscheinlich auch eine Firma leiten. Andersherum ist das nicht unbedingt der Fall. Die Gemeinde gehört Gott, als Leiter sehe ich mich nur als Vertreter. Darum muss ich eine starke Verbindung zu Jesus haben, um eine Gemeinde zu leiten.

Was kann ein Pastor von einem Unternehmer lernen?
Zum Beispiel Schritte zu wagen, grösser zu denken und Ziele zu setzen, die über das hinausreichen, was man gerade macht. Wenn ich als Leiter keine Vision habe, dann passiert in der Gemeinde dasselbe wie in einem Unternehmen. Es geht darum, die Mitarbeiter von Veränderungen zu überzeugen und sie mitzunehmen, aber auch die Geschwindigkeit anzupassen. Doch wenn man nur über Vision redet, sich aber nichts tut, dann verlieren die Leute die Lust, sich einzusetzen. Jeder will an etwas mitarbeiten, das Sinn macht und wo sich Erfolge einstellen.

Wie definieren Sie Erfolg in der Gemeinde?
«Erfolg» ist für mich ein Synonym für das biblische Wort «Frucht» und für Wachstum. Das ist nichts Weltliches, im Gegenteil, Gott will Wachstum, die ganze Schöpfung ist auf Wachstum angelegt. Wenn Pflanzen nicht wachsen, dann sind sie tot. Alles, was gesund ist, wächst. Daran orientiert sich unser Denken in allen Bereichen. Aber wir können das Wachstum nicht selbst generieren, das Wachstum schenkt Gott. Ich kann eine Pflanze nicht grossziehen, aber ich kann sie ans Licht stellen und giessen, dann wird sie wachsen. In der Gemeinde müssen wir begiessen und ins Licht stellen, dann werden wir früher oder später auch Wachstum erleben.

Sie haben gesagt, dass viele Pastoren nicht wissen, wie man «eine Wirkung» erzielt. Was meinen Sie damit?
Wirkung erzielen heisst «Einfluss haben», etwas zum Positiven verändern. Das ist übrigens die wichtigste Aufgabe von uns Christen. In der Bibel wird das Bild von «Salz und Licht» gebraucht. Sowohl Salz als auch Licht hat eine Wirkung. Oft erzielen wir Pastoren sehr einseitig durch Lehre Wirkung, aber weniger durch Leitung. In der Bibel gibt es die Gabe der Leitung. Wir müssen dieses Mandat mutig und gleichzeitig demütig annehmen.

Ist der «fünffältige Dienst», das gabenorientierte Arbeiten wichtig, um eine Wirkung zu erzielen?
Ich glaube, es war schon immer die Idee, dass wir im Team arbeiten. Bei uns in der Gemeinde arbeiten lauter fitte Leute mit, aber jeder kann nur etwas Bestimmtes besonders gut. Ich bin kein besonders guter Prediger, darum predige ich nicht oft. Andere machen das dagegen leidenschaftlich gerne. Wenn man die vielseitigen Begabungen berücksichtigt, macht alles nicht nur mehr Spass, es drückt auch gegenseitige Wertschätzung aus. Das hat etwas mit Demut zu tun. Ich nehme mich in einzelnen Bereichen zurück und sehe das Potenzial im anderen. Die Gaben sind dazu da, dass wir alle unser Potenzial entdecken und einsetzen können. Wenn wir unsere Augen darauf richten, können wir in unseren Gemeinden Grosses leisten.

Im Kurs sollen sowohl CEO als auch 18-Jährige zusammen lernen. Was kann ein Geschäftsführer von einem Teenager lernen?
Ich habe einen Freund, der ein Unternehmen leitet und regelmässig junge Leute einlädt, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Die Jungen lernen sehr viel von ihm, weil er seine Werte vorlebt. Sie erfahren Ermutigung, weil er an sie glaubt. Gleichzeitig hält ihn das sehr jung. Er wird herausgefordert, über Dinge neu nachzudenken. Die junge Generation tickt ganz anders. Wenn es darum geht, die Gesellschaft zu erreichen, dann können wir sehr viel von ihnen lernen.

Dennoch hat man den Eindruck, dass die Unterschiede zwischen den Generationen immer grösser werden. Die Entwicklungen gehen immer schneller.
Ich glaube nicht, dass der Generationenkonflikt grösser geworden ist, aber es gibt ein Geschwindigkeitsproblem. Viele haben den Eindruck, etwas verpasst zu haben. Ich sehe die verschiedenen Generationen aber als Chance und nicht als Problem und benutze das Bild von einem Pfeil, der aus drei Teilen besteht. Die jungen Leute sind die Pfeilspitze, die mitten in der Gesellschaft stehen. Wenn wir ihnen helfen, eine Schlagkraft zu entwickeln, dann liegt da unglaublich viel Power drin. Der Schaft ist meine Generation, die versucht, die Generationen zusammenzubringen. Die älteren Leute sind die Federn, die dafür sorgen, dass der Pfeil in der Spur bleibt und sein Ziel trifft. Junge Leute wollen von Älteren lernen, solange Neues nicht immer gleich verteufelt wird.

Sie wollen auch die Denominationen von der Brüdergemeinde über Charismatiker bis zur Landeskirche zusammenbringen. Müssen dafür die theologischen Unterschiede in den Hintergrund rücken?
Ich vermute, dass 95 Prozent der Unterschiede mit Kultur und Tradition zu tun haben und nichts mit Theologie. Also legen wir den Fokus nicht auf die Unterschiede, sondern auf den Auftrag, den Gott uns gibt: Menschen mit dem Evangelium in Berührung zu bringen, damit sie anfangen, Gott und einander zu lieben. Ich rede nicht darüber, ob Frauen leiten dürfen oder ob ein Schlagzeug auf der Bühne stehen darf. Der erste Schritt ist immer, gemeinsam in die Bibel zu schauen und zu fragen, wozu Gemeinde überhaupt da ist. Gemeinde heisst nicht, jeden Sonntagmorgen einen Gottesdienst zu veranstalten oder Lobpreismusik zu spielen. Wenn wir uns auf unseren Auftrag konzentrieren, wird es einfacher, Dinge zu verändern.

Sie sagen, dass es in Gemeinden eine «Lernkultur» braucht. Müssen Christen lernen, zu lernen?
Ich glaube, dass wir Christen von allen lernen können, wir sind aber oft relativ hochmütig. Mit Lernkultur meine ich aber noch viel mehr als das. Junge Leute brauchen eine Plattform, auf der sie etwas ausprobieren können – auch wenn es nicht rund läuft. Ich bin dafür, dass wir unser Bestes geben, aber ich bin nicht für Perfektion. Man muss Fehler machen dürfen. Wenn das in einer Gemeinde nicht geduldet wird, bringt es nichts, die Leute zu uns in die Schulungen zu schicken.

Das K5-Leitertraining kommt in die Schweiz

Das Institut für Gemeindebau und Weltmission (IGW) bringt das K5-Leitertraining per Livestream in die Schweiz. In Deutschland ist das Konzept überraschend schnell gewachsen. Über 3'200 Personen haben sich bereits für den erst dritten Durchgang angemeldet. In der Schweiz führt das IGW die Kurse
in Aarau, Basel und Zürich durch. Die neun Schulungstage sind über drei Jahre verteilt. Start: 9. Juni 2018, Ende: 29. August 2020.

Zur Webseite:
K5-Leitertraining bei IGW

Artur Siegert

Artur Siegert (48) ist verheiratet mit Lena und hat zwei eigene und zwei adoptierte Kinder. Er ist Pastor der Kirche für Oberberg in Gummersbach, Nordrhein-Westfalen, und leitet das K5-Leitertraining in Deutschland. Sein Lebensmotto: Mit Gott im Gespräch bleiben, Menschen authentisch lieben und sich auf die Stärken konzentrieren.

Zur Webseite:
K5-Leitertraining

Zum Thema:
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Datum: 09.04.2018
Autor: Christof Bauernfeind
Quelle: idea Spektrum Schweiz

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