Der Einzug ins verheissene Land
Sie sitzt mir gegenüber mit so vielen sichtbaren Tattoos, dass ich sie nicht mehr zählen kann. Ihre Haare sind orange gefärbt und die Ohren durch die XL-Ohrringe wie bei einem afrikanischen Stamm geweitet. Ihre Rebellion springt mich förmlich an. Bereits das dritte Mal sitze ich mit ihr im Büro, weil sie einfach überall aneckt, nicht den richtigen Ton findet und lieber schnell selber kündigen würde, bevor sie von mir rausgeschmissen wird.
Nach viel Hin und Her öffnet sie sich plötzlich und erklärt mir unter Tränen, dass sie eigentlich nicht mehr kann. Sie habe seit Jahren probiert, sich zu ändern, sie wisse, dass sie das Problem sei, aber sie habe einfach keine Hoffnung mehr.
Hoffnung auf Veränderung
Ich habe Hoffnung, ich kenne Jesus, der ein Leben radikal verändern kann. Ich habe den Eindruck, dass ich für sie beten soll. Wie unprofessionell in einem öffentlich-sozialen Programm für Ausgesteuerte mein Gebet anzubieten. Ich wage es trotzdem und frage sie. Ihre Reaktion: «Wenn es dir hilft.» Nach dem Gebet ist keine direkte Veränderung sichtbar. Schade, denke ich mir. Eigentlich ist mir das zu wenig. Viel lieber hätte ich gesehen, dass sie völlig befreit und erleichtert ihr Leben Jesus übergibt, eigentlich möchte ich auch das erleben, was Heidi Baker erzählt oder Bill Johnson...
Wachsen in Herausforderungen
In der letzten Zeit beschäftige ich mich ein wenig mit Mose – berufen zum Leiter, wird er zum Mörder, Flüchtling und zuletzt zu einem Schafhirten. Als Gott ihn dann wieder an seine ursprüngliche Berufung erinnert, lehnt er erst einmal dankend ab. «Ich kann nicht reden…» – ihr kennt die Geschichte. Letztlich hilft Aaron Mose aus. Habt ihr euch schon mal überlegt, warum Gott zehn Plagen schickte? Eine hätte doch gereicht! Natürlich – um seine Grösse und Macht zu demonstrieren. Aber vielleicht nicht nur deswegen? Schon nach der ersten Plage im 2. Buch Mose, Kapitel 5 beschwert sich nicht nur das Volk, sondern auch Mose bei Gott: «Herr, warum tust du so übel an diesem Volk? Warum hast du mich hergesandt? Und überhaupt hast du dein Volk gar nicht errettet.» Mose wusste ja nicht, dass noch neun weitere Plagen und Wunder auf ihn warten würden.
Schritt für Schritt ist Mose aber gehorsam in den Dingen, die Gott ihm aufträgt. Bis zur dritten Plage sagt Gott noch: «Mose, sag Aaron…» und Aaron macht. Moses Glaube und Vertrauen in Gottes Zuverlässigkeit scheinen aber zu wachsen, so dass er immer zuversichtlicher selber das Reden und «die Wunder» übernimmt. Könnte es sein, dass die zehn Plagen auch eine Schule für Mose waren? Ich habe das Gefühl, dass er gewaltig in seiner Berufung gewachsen und gereift ist in dieser Zeit.
Gott brauchte einen reifen, glaubensstarken Leiter, um das Volk dann auch sicher aus Ägypten herauszuführen. In kleinen Schritten des Gehorsams wurde Mose genau das: ein starker Mann im Glauben, ein fähiger Leiter und Führer für das Volk Gottes.
Gehorsam im Kleinen
Mein Schritt, für die oben erwähnte Person zu beten, war ein kleiner. Aber eines habe ich mir vorgenommen: dass ich Gott gehorsam sein will in allen kleinen Schritten. Ich werde reifen und grösser werden im Glauben und in meiner Leiterschaft – und eines Tages werde ich auch die grossen Wunder sehen und tun, von denen Jesus spricht, wenn er sagt, dass wir grössere Werke tun werden als er (Die Bibel, Johannesevangelium, Kapitel 14, Vers 12).
Das ist mein Wunsch: Wir werden für die Drogenabhängigen beten und sie werden frei werden. Wir werden für die Einsamen beten und sie werden die Liebe Gottes mächtig erleben. Wir werden für die Kranken beten und sie werden geheilt werden und wir werden sehen, wie wir als starkes und riesiges Volk Gottes ihm entgegen ziehen ins verheissene Land.
Ich freue mich darauf!
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Datum: 20.07.2016
Autor: Stefanie Reusser
Quelle: morethanpretty.net