Asylzentrum in Moosseedorf

Kolumne zum Sonntag: «Das Beste draus machen»

Asylpolitik, Asylbewerber, Asylunterkünfte machen Schlagzeilen: Riggisberg, Schafhausen, Aeschiried. Meist gibt es eher Negatives zu lesen. Sorgen-Barometer und Angst- Pegel steigen. Behörden und Bürger sind überfordert. Doch es gibt auch Ausnahmen. Zum Beispiel die Gemeinde Moosseedorf. Gedanken von Pfarrer Joachim Hermann.
Die Gemeinde Moosseedorf stellt die Zivilschutzanlage unter dem Gemeindehaus für Asylbewerber zur Verfügung.
Gemeinde Moosseedorf

In den Radio-Nachrichten aus der Region hörte ich letzte Woche eine ausnahmsweise gute Nachricht: Auch Moosseedorf bekam per Notrecht ein Asyl- Zentrum verordnet. Kein Gemeindepolitiker wünscht sich so was. Die übliche Unruhe, die negativen, kritischen Stimmen. Dann die Überraschung. Bei der Informationsveranstaltung der Einwohnergemeinde macht ein 65-jähriger Mitbürger den Vorschlag, mit den Asylbewerbern dreimal in der Woche zwei Stunden Sport zu treiben: «Die jungen Männer müssen doch irgendwo etwas Dampf ablassen können.» - Spontaner Applaus ist die Reaktion. Das Eis ist gebrochen. Die Ideen sprudeln nur so: Die Kirche bietet jede Woche eine Kaffeerunde an. Andere wollen eine Dorfführung veranstalten und Kleider für die Asylbewerber sammeln. Der Werkhof könnte gemeinnützige Arbeiten organisieren, z.B. Wanderwege instand stellen, wo ein Taschengeld verdient werden kann, usw.

«Wir werden uns um die Menschen kümmern»

Nach dieser inspirierenden Versammlung, wo noch viele weitere Ideen zusammengetragen werden, bringt der Gemeindepräsident die Sache auf den Punkt: «Da die Asylbewerber nun mal da sind, wollen wir gemeinsam das Beste daraus machen. Wir werden uns um die Menschen kümmern.» Diese pragmatische, positive Einstellung wirkt befreiend. Das Beste draus machen – aus einer Notlage, einer Not-Unterbringung, aus einer traurigen Geschichte, einem bedauernswerten Schicksal, einem Elend, das zum Davonlaufen zwingt.

Gottes Geist am Werk

Was die Moosseedorfer da tun, ist vorbildhaft. Alle ziehen an einem Strang. Da zeigt sich eine Solidarität und spontane Hilfsbereitschaft, wie es sonst nur etwa nach Naturkatastrophen geschieht. Asyl-Zentrum = (Natur-)Katastrophe? Herausforderung? Chance?

Ich sehe hier Gottes Geist am Werk. Ein Geist, der es versteht, das Beste in jeder Lage zu machen. Unglück in Segen zu verwandeln. Ein Geist, der uns einlädt, uns wie Gottes Kinder zu verhalten: Herausforderungen mit IHM zusammen zu meistern, uns weniger von der Angst und mehr von der Liebe leiten zu lassen, Freude daran zu haben, einfach Gutes zu tun, ganz natürlich und entspannt.

Zum Autor

Joachim Hermann ist Pfarrer der ev.-ref. Landeskirche in Buchen.

Datum: 09.11.2014
Autor: Joachim Herrmann
Quelle: Sonntagsblatt des «Berner Oberländer»

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