Leiten lernen

Innovationskraft der Kirche

Die Blätter stehen im K5-Vergleich für die Fachkompetenzen
In der Mini-Serie zum K5-Leitertraining geht es heute im letzten Text um das Blätterwerk, die Fachkompetenzen. Ein Beispiel: Wie kann eine Gemeinde innovativ werden und dynamisch wachsen – ohne die bestehende Kirche zu verlieren?

In unserer Serie schauen wir uns die unterschiedlichen Kompetenzen an, in die Leiter investieren sollten. Die ersten drei Kompetenzen hatten mit dem Leiter selbst zu tun: Als geistliche Leiter brauchen wir einen gesunden Blick auf uns selbst und damit auf unsere Beziehung zu Gott (K1), unseren Charakter (K2) und die Art, wie wir uns selbst führen (K3). Wir schauen auch darauf, wie wir andere führen (K4) und dann braucht es natürlich Fachkompetenzen (K5) – Kompetenzen, die speziell in unserem Bereich von Bedeutung sind.

Da hier die Bereiche und Begabungen auseinandergehen und damit auch die erforderlichen Kompetenzen, braucht es einen differenzierteren Blick. Der eine bildet sich weiter in Sachen Kommunikation, der andere investiert in sein Marketing, der dritte entwickelt sich in der Seelsorge weiter. Wichtig ist hier, nicht nur an die Fachkompetenzen zu denken, sondern die anderen vier Kompetenzen im Blick zu haben. Häufig geschieht Weiterbildung nur im Bereich der Fachkompetenz, weil sie am lautesten schreit und der Schmerz am stärksten ist.

Bei aller Differenzierung im Bereich der Fachkompetenz gibt es aber auch verbindende Themen, die für die meisten Führungskräfte relevant sind: ein Leitbild entwickeln, Ziele setzen, Projektmanagement oder auch Veränderungen und Innovationen ermöglichen.

Auf das letzte Thema gehen wir exemplarisch ein, weil es gerade in der aktuellen Zeit so wichtig ist: Innovationskraft als Motor für dynamisches Wachstum.

Innovation statt Invention

In einer Welt, die sich ständig verändert, müssen Kirchen, Werke und Unternehmen bereit sein, sich anzupassen und zu wachsen. Von den ersten Schritten bis zur erfolgreichen Umsetzung ist die Innovationskompetenz der Schlüssel, um einen bedeutenden Wandel zu gestalten, der nicht nur Einzelpersonen, sondern ganze Gemeinschaften beeinflusst.

In unserem Streben nach Innovation müssen wir uns jedoch daran erinnern, dass die Grundlage bereits festgelegt ist. Wir brauchen Innovation (Erneuerung) und keine Invention (Erfindung). Wie in der Bibel beschrieben, hat Gott selbst die Grundlage für die Kirche gelegt und es liegt an uns, seinen Auftrag gehorsam und innovativ umzusetzen. Unsere Innovationen sollten darauf abzielen, diesem göttlichen Auftrag zu entsprechen und die Kirche zu einem Ort der Hoffnung für die Gesellschaft zu machen.

Aber wie können wir dieses Ziel erreichen, ohne die bestehende Kirche zu verlieren? Es erfordert eine gezielte Innovationsstrategie, die auf Zusammenarbeit, einer Kultur des Experimentierens und der Fehlerakzeptanz sowie unterstützenden Strukturen basiert.

1. Zusammenarbeit

Erstens ist die Zusammenarbeit innerhalb und ausserhalb der Gemeinde entscheidend. Indem wir mit anderen Christen und Organisationen zusammenarbeiten, können wir bahnbrechende Ideen entwickeln und ein gesundes Netzwerk aufbauen, das unsere Innovationsfähigkeit stärkt. Es geht darum, voneinander und miteinander zu lernen. Wer über den Tellerrand schaut und von anderen lernt, schafft neue Perspektiven und Räume. Wir sind als Leitungsteam der Kirche bspw. regelmässig in andere Kirchen gefahren, die uns inspiriert haben oder uns eine Wachstumsphase voraus sind und haben uns mit ihren Leitern getroffen, um von ihnen zu lernen.

2. Fehler machen

Zweitens müssen wir eine Innovationskultur schaffen, die es erlaubt, Fehler zu machen und aus ihnen zu lernen. Indem wir mutig Neues ausprobieren und dabei akzeptieren, dass nicht alle Ideen erfolgreich sein werden, schaffen wir Raum für Wachstum und Weiterentwicklung. Dabei hilft es, die Kirche oder Organisation als Labor zu sehen und Dinge immer wieder anders zu machen. Wir haben in der Kirche bspw. das Abendmahl immer wieder bewusst anders gefeiert, um keine leere Tradition daraus werden zu lassen. Dabei wurden auch immer mal wieder Fehler gemacht – aber wir haben uns diese Kultur dennoch beibehalten – wissend, dass wir im Prozess sind!

3. Kleine Schritte

Drittens ist es wichtig, Veränderungen in kleinen Schritten umzusetzen und sie als Tests laufen zu lassen. Dies reduziert Ängste und ermöglicht es, erfolgreiche Innovationen langfristig zu etablieren, während erfolglose Experimente ohne grosses Aufsehen beendet werden können. In der Kirche haben wir bei grossen Veränderungen meist von einem Testlauf gesprochen (häufig drei bis sechs Monate). Oft sind die Innovationen dann allerdings so schnell in Fleisch und Blut übergegangen, dass es kein Thema mehr war, ob wir es beibehalten sollen. Übrigens hat das auch bei Mitarbeitern geholfen: Sie liessen sich häufiger auf die nächste Herausforderung ein, wenn wir von einem Testlauf gesprochen haben.

4. Raum für Ideen

Schliesslich benötigen wir unterstützende Strukturen und eine offene Kommunikation, die es ermöglichen, Ideen zu diskutieren und zu entwickeln, ohne dass sie im Keim erstickt werden. Ein geschützter Raum für Kreativität und eine vertrauensvolle Atmosphäre sind entscheidend, um das volle Potenzial der Innovation in der Kirche auszuschöpfen. Ich denke gerne an die sogenannten «Denkschmieden» bei uns in der Kirche, wo sich Leute wöchentlich mit den Pastoren zum Kaffee getroffen haben und dort unterschiedliche Ideen diskutiert wurden. Mal wurden dort neue Ideen von den Pastoren besprochen oder auch Ideen von Leuten aus der Kirche. Die Entscheidung, ob etwas umgesetzt wird, lag immer noch bei den Pastoren, aber es gab einen Raum, wo neu und kreativ gedacht wurde – und es wurde genutzt.

Auf dem Weg, eine innovativere Gemeinde zu werden, müssen wir uns bewusst sein, dass Innovation kein Selbstzweck ist, sondern dazu dient, den göttlichen Auftrag der Gemeinde zu erfüllen. Indem wir zusammenarbeiten, mutig experimentieren und unterstützende Strukturen schaffen, können wir eine Gemeinschaft formen, die nicht nur den aktuellen Bedürfnissen gerecht wird, sondern auch zukünftiges dynamisches Wachstum ermöglicht.

Zum Schluss liegt mir auf dem Herzen: Wenn du in Führungsverantwortung bist, dann warte nicht zu lang, bis Innovationen unumgänglich sind. Bis dann hast du schon den ein oder anderen verloren – in der Regel die Leute, die du dringend in deinem Team oder deiner Kirche brauchst. Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit – das ist auch im Reich Gottes eine Wahrheit. Der grösste Innovator war Gott selbst. Lern von ihm. Geh mutig voran. Nimm andere mit rein. Bleib im Heute und nicht im Gestern. Damit mehr Menschen Jesus kennenlernen.

Dieser Artikel beendet die Mini-Serie Leiten lernen. Mehr Informationen zum K5 Leitertraining finden Sie hier.

Zur Mini-Serie Leiten lernen:
Leiten lernen: Die Gottesbeziehung vertiefen
Leiten lernen: Deinen Charakter reifen lassen
Leiten lernen: Führst du dich?
Leiten lernen: Andere zuversichtlich gross machen

Datum: 29.04.2024
Autor: Daniel Wolf
Quelle: Magazin Aufatmen 2/2024, SCM Bundes-Verlag

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