Open Air-Jubiläum in Grenchen

Gospel und Hoffnung hinter Gittern

Gospel hinter Gittern machte bereits Johnny Cash berühmt. Denn er brachte «die Gute Nachricht» in Gefängnisse, um die Insassen zu ermutigen. In Grenchen wurde nun das zehnjährige Konzert-Jubiläum gefeiert; und dies einmal mehr Open Air. Die Gitter waren aber hier Zeichen für den Corona-Schutz, was der Festival-Stimmung keinen Abbruch tat.
Das OK des «Sommer-Gospel Grenchen»
Bernita Bush beim Sommer-Gospel Grenchen (Bild: Alex Schittenhelm)
Tanzgruppe «Roundabout»
Nick Mellow (Bild: Alex Schittenhelm)

Der Anlass stand für Hoffnung in Corona-Zeiten. In Grenchen wagte das OK , den ersten grösseren Anlass in der Stadt nach dem Lockdown durchzuführen, und wurde belohnt. Es waren rund 280 beglückte Besucher, inklusive Passanten und spontane Zuschauer, die sich um das Konzertgelände sammelten.

Auch das Wetter war heiter und verdiente das Prädikat «perfekt», was die Gospel-Sängerin Bernita Bush, den Singer-Songwriter Nick Mellow und die junge Tanzgruppe «Roundabout» zu Höchstleistungen beflügelte.

Grenchner Gospel-Geschichte

Im Jahr 2011 musste noch heftig geweibelt werden, um einen Chor zu kriegen, der «sogar im Sommer» probt. Bewusst wurde das Konzert im Sommer angesetzt, da Gospel zu allen Jahreszeiten aktuell ist und somit das ergänzende Angebot eine Lücke schliessen konnte. Als Premiere fuhr damals das Gospel-Ensemble «One Step» aus Lausanne ein; und dies nicht nur transporttechnisch gesehen. Bereits beim ersten Mal konnte die Kleinstadt am Jura-Südfuss rund 300 Besucher begrüssen.

Die tolle Stimmung, meist im sommerwarmen, abendlichen Stadtzentrum, und die geschätzte Gastfreundschaft berührten die auftretenden Chöre mit Bands so, dass sie jeweils wünschten, wiederkommen zu dürfen und ein weiteres Engagement anerboten. So wurde die Vision des OKs wahr: eine freudige Belebung der Stadt zu fördern und ein positiveres Image Grenchens mit zu prägen.

Hoffnung seit zehn und Hunderten Jahren

Negro-Spirituals sind ursprünglich Songs, die von Leidensgeschichten der Sklaven handeln und von deren Hoffnung in Gott. Oft wurden die Lieder auf Baumwollfeldern und unter erbärmlichsten Umständen geboren und handeln von Unterdrückung und Gefangenschaft. Diese gesungenen Gebete verhalfen den afrikanischen Arbeitern, durchzuhalten und mit Lebensenergie in die Zukunft zu schauen.

So passte das Gospel-Festival optimal in die aktuelle Corona-Phase, wie eine Zeitung titelte: «Ein Hoffnungszeichen in Corona-Zeiten».

Zum Start der Jubiläumsfeier pumpte die Tanzgruppe «Roundabout» grad mal richtig fette Beats in die Luft und heizte dem Publikum schon mächtig ein. Als Intermezzo zeigte sie zwischen den beiden Musik-Acts nochmal ihr bewegendes Können.

Nick Mellow kann mit seiner bescheidenen Art im Nu das Publikum gewinnen und weiss mit angenehmer Stimme und virtuosem Gitarrenspiel zu einem beschwingten Sommerabend beizutragen. Sofort entdeckt der Zuhörer die Topqualität und den starken Gesang und wird in die Geschichten entführt.

Bernita Bush wurde ihrer Rolle als Gospel-Lady und Haupt-Act mehr als gerecht. Die herzliche Ausstrahlung, wie sie sich zur Musik bewegt und die Botschaft der «Guten Nachricht» mit Leib und Seele lebt, das ist Gospel pur!

Die Wahl-Grenchnerin brachte auch immer wieder Wertschätzung für ihre vierköpfige Band zum Ausdruck. Und ihr afro-amerikanisches Temperament harmoniert prächtig mit dem enormen Spektrum ihrer gottgegebenen Gabe, ihrer Stimm-Gewalt.

Farbe, Volk und Feierpause

Auch die Diversität wurde unter freiem Himmel gefeiert, und dies gegen Rassismus-Vorurteile. Denn Grenchen ist sehr multikulti und kann ein gelingendes Miteinander vorzeigen. So war beispielsweise der Moderator selber letztes Jahr in Afrika und leitete als Weisser eine Gruppe Einheimischer beim Trommeln an.

Etwa bei Konzertmitte wurde es kurz still auf dem Marktplatz. Dem Veranstalter war es wichtig, inmitten des Feierns und guter Laune eine Gedenkminute zu zelebrieren für diejenigen, denen es nicht gut geht, die schwierige Zeiten durchleben oder sogar jemanden durch Corona verloren hatten.

Zutaten für das Erfolgsrezept

Wenn der Bauer Christian mit dem Traktor auffährt und damit die Sitzbänke transportiert, ist dies ein passendes Beispiel für zehn Jahre äusserst breiter Unterstützung. Denn diese reicht über diverse Stationen hin bis zur Stadtregierung, welche via Kultur-Kommission einen namhaften Betrag gibt und so den Event mit dem Label «Kultur-Engagement der Stadt Grenchen» schmückt.

Rundum herrscht grosses Wohlwollen und das Happening geniesst hohes Ansehen. Dies hat es folgenden Faktoren, nebst Traktoren, zu verdanken:

  • Gute Musik-Qualität, inklusive Technik
  • Der Zeitpunkt: Im Sommer ist der «Gluscht» nach Gospel noch grösser, weil rar
  • Stimmungsvolle Umgebung: Beleuchtetes Stadtzentrum bei Schönwetter und Kirche bei Schlechtwetter
  • Kollekte macht es allen erschwinglich (plus Sponsoren zur Abdeckung)
  • Breite, vereinende Zusammenarbeit, die für ein Gelingen sorgt

Tanzende Kinder und singende Gospel-Fans (mit oder ohne Maske), die zusammen feiern und mit einem Lächeln weiterziehen, entschädigen vielfach für den grossen Aufwand und beweisen: Man ist am Ziel angekommen – im Gospel-Himmel.

Hier sehen Sie Bernita Bush am Sommer Gospel in Grenchen:

Zur Webseite:
Sommergospel Grenchen

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Datum: 20.08.2020
Autor: Roland Streit
Quelle: Livenet

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