Studie zur Frühförderung

Die intakte Familie fördert Kinder am besten

Die emeritierte Freiburger Professorin Margrit Stamm kommt in einer Studie zum Schluss: Kinder in einer fördernden, intakten Familie werden am besten gefördert. Besser als in jeder Betreuungseinrichtung. Sie stellt aber auch fest, dass viele Kinder nicht in einem so günstigen Umfeld aufwachsen. 
Familie mit Kindern

Der Familienartikel, über den das Schweizer Stimmvolk am 3. März abstimmt, verpflichtet den Bund, dafür zu sorgen, dass im ganzen Land genügend Tagesschulplätze und Betreuungseinrichtungen angeboten werden. Der politische Widerstand dagegen kommt aus Kreisen und Parteien, welche die Überzeugung vertreten, dass Kinder am besten ausschliesslich zuhause betreut werden. 

Die beste Förderung geschieht in intakten Familien

Margrit Stamm gibt diesen Kreisen insofern recht, als sie in ihrer Studie, welche die Entwicklung der Vorschulkinder in 300 Familien in mehreren Landesteilen der Schweiz erfasst hat, zum Schluss kommt: Eine intakte, fördernde Familie ist der wichtigste Faktor in der Frühförderung von Kindern. Die familienexterne Betreuung ist zweitrangig. Dennoch wertet sie diese auf, wenn sie betont: «Ihr kommt hohe Bedeutung zu, wenn es um die Förderung von benachteiligt aufwachsenden Kindern geht.» 

Bei der Frühförderung von Kindern aus der Mittelschicht spielt laut der Studie das Ausbildungsniveau der Mutter eine wichtige Rolle. Auch ältere Geschwister beeinflussen die Entwicklung positiv. Frühere Untersuchungen hätten die Wirkung der Fremdbetreuung dagegen überbewertet.

In solchen Familien, die vor allem dem Mittelstand angehören, erhalten Kinder vielfältige Anregungen. Die Eltern unternehmen Aktivitäten, die zu Entdeckungen einladen. Es werden Geschichten erzählt, es wird musiziert, gesungen und gespielt. Und der Medienkonsum wird begrenzt. Kinder, die so aufwachsen, brauchen keine Förderprogramme. Sie stellt dabei auch fest, dass lediglich 30% der Kinder in den untersuchten Familien ausschliesslich zuhause betreut werden. Die andern würden im Schnitt zwei Tage pro Woche bei Verwandten oder in Krippen betreut. 

Anders ist es bei Kindern aus interkulturellen Immigrantenfamilien. Stamm bezeichnet solche Kinder, die zuhause keine Förderung für das Leben in unseren Verhätlnissen erfahren, als «benachteiligte» Kinder. Diese würden heute vom System links liegen gelassen, weil sich dieses stärker «bedürftigen» und «beschädigten» Kindern annimmt. Damit werde das Potenzial der «benachteiligten» Kinder nicht genutzt, stellt Margrit Stamm fest. Sie fordert daher zum Beispiel Förderstiftungen und Förderprogramme zur individuellen Förderung von begabten Kindern mit Migrationshintergrund. Diese Kinder müssten auch neue Rollenmodelle kennenlernen. Diese könnten zum Beispiel von Coaches aus ihrer Kultur verkörpert werden. Diese müssten gezielt rekrutiert und eingesetzt werden. 

Stamm fordert auch die Medien auf, ihr Interesse verstärkt auf dieses Potenzial zu lenken, statt nur die Defizite der Migrantenfamilien zu thematisieren. Sie sollten helfen, den Weg frei zu machen für Bildungsaufsteiger aus diesen Milieus. 

Ein Fazit

Margrit Stamms Untersuchung ermöglicht eine differenzierte Wahrnehmung fern der heutigen Rechts-links-Polemik, wo die Protagonisten entweder alles von der Erziehung zuhause erwarten oder das Lied der fördernden Fremdbetreuung für alle Kinder anstimmen. Die heutige Gesellschaft muss die Realitäten differenziert wahrnehmen und darauf eingehen. Die kommende Volksabstimmung zum Familienartikel sollte als Chance gesehen werden, die Lage der Familien und ihre echten Bedürfnisse neu zu sehen, Defizite zu erkennen und sinnvoll zu füllen.

Datum: 15.01.2013
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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