Ist es unsere Aufgabe, das Klima zu retten?
Soweit er sich erinnern kann, verspürte Lorenz Walthert (*1993) den Wunsch, die Welt zu verbessern. Deshalb wollte er sich für die Lösung von Problemen, wie beispielsweise der Arbeitslosigkeit oder Armut, investieren. Um wirksam anpacken zu können, musste er die Welt aber erst einmal verstehen. So entschied er sich für das Studium der Volkswirtschaft.
Auf der Suche nach einem sinnvollen Job
Nach Abschluss seines Bachelor-Studiums hatte Lorenz das Gefühl, genug ökonomische Intuition erlernt zu haben. Im Studium hatten ihn Daten immer mehr interessiert als Theorien, weshalb er sich für einen Master in Statistik entschied. Doch zuerst wollte er nach drei Jahren lernen, etwas zur Verbesserung der Welt beizutragen. «Deshalb machte ich vor dem Master ein Zwischenjahr, die Hälfte davon in Afrika.»
In Südafrika und Kenia arbeitete er bei NGOs, die Armut in Slums bekämpfen. Heute baut er KI Modelle für den Strommarkt. «Man kann sich unserer Firma als eine Wechselstube für erneuerbare Energie vorstellen. Wenn ein Solar-Kraftwerk beispielsweise kurzfristig mehr Strom produziert als erwartet, kann es uns diesen verkaufen. Und je mehr Wechselstuben es gibt, umso besser für die, die was tauschen wollen, in dem Fall die erneuerbaren Stromproduzenten.»
Der Glaube als Kompass
Klimaschutz hat für Lorenz viel mit seinem Glauben zu tun. Die Bewahrung der Schöpfung ist der erste Auftrag, den Gott den Menschen gibt. «Die Wohnung, die uns Gott gegeben hat, treten wir aber mittlerweile mit Füssen und verachten so den Schöpfer.» Das zeige sich zum Beispiel im rapiden Rückgang der Biodiversität sowie in der industriellen Fleischproduktion. Doch auch das Gebot der Nächstenliebe sieht Lorenz verletzt. Er betont, dass wir Schweizer, verglichen mit der gesamten Weltbevölkerung, uns einen viel zu grossen Teil des Kuchens abschneiden – und das schon seit Jahrzehnten. Das heisst, dass wir übermässig viele Ressourcen verbrauchen. «Gerade als Christen wissen wir, dass Materialismus nicht alles ist. Wenn wir nicht zu einem sorgfältigeren Umgang mit Emissionen und Ressourcen finden, zahlen Menschen in anderen Weltregionen oder zukünftige Generationen einen hohen Preis dafür.» Das hätte dann nicht mehr viel mit Nächstenliebe zu tun, meint Lorenz, «insbesondere, wenn wir uns vor Augen führen, dass wir weltweit zu den absolut Privilegiertesten gehören.» Leider gäbe es sehr viele mächtige Firmen und Individuen, die vom Status Quo profitieren, nicht zuletzt wir im Hier und Jetzt. Ganz am Anfang der Kette stehe darum auch der Egoismus des Menschen.
Brücken bauen mit der Christlichen Klimaaktion
«Es ist interessant, wie oft man in Gesprächen vom Thema Klima zum Glauben kommt», stellt Lorenz fest. «Die Klimakrise bewegt viele Menschen. Viele haben Angst. Wir Christen haben aber Grund zur Hoffnung.» Als Mitglied der Christlichen Klimaaktion engagiert sich Lorenz ehrenamtlich. «Wir verstehen uns als Bindeglied zwischen Klimabewegung und der christlichen Gemeinde.» Einerseits glaubt er, die Hoffnung vom Evangelium sollte in der Klimabewegung Eingang finden, denn «wer die Berichte des Weltklimarats studiert, kann schnell depressiv werden». Andererseits glaubt er auch, dass Kirchen an Gesellschaftsrelevanz verlieren, wenn sie den Klimawandel nicht thematisieren. «Damit vergeben wir eine Chance.» Die Christliche Klimaaktion hilft daher Kirchgemeinden, beispielsweise Gottesdienste zum Thema «Klima und Glauben» zu gestalten, oder organisiert vor Klimastreiks eine Gebetszeit, denn «als Christ ist es natürlich, dass ich meine Sorgen und Ängste mit Gott und anderen teile.» Als Christen seien wir zur Gemeinschaft berufen.
Werk oder Gnade?
Lorenz sieht aber auch die Gefahr, sich in dem Thema zu verrennen. «Ich glaube, dass der Klimaschutz zu einer Ersatzreligion werden und ungesunde Dimensionen annehmen kann. Jedoch ist Materialismus und Egoismus nicht minder schädlich.» Lorenz weiss auch um die Bedeutung von Gnade und dass Jesus allein der Retter der Welt ist. «Für mich ist klar, dass wir die Welt nicht retten können. Und wir müssen es auch nicht, denn hierfür kommt Jesus zurück.» Wer aber versuche, mit dieser Argumentation jegliche Verantwortung zur Schöpfungsbewahrung von sich zu weisen, sei auf dem Holzweg, denn «Glaube ohne Werke ist tot», wie es im Jakobus Brief heisse.
In allem: Gott ist der Retter!
«Das Klimathema ist natürlich nicht das einzige Problem auf der Welt, aber im Vergleich zu anderen Themen sind wir unmittelbar Teil davon. Als Christen wissen wir, dass der Mensch sündigt und Rettung nötig hat.» Zum Glück sind wir Gott aber nicht egal. Er will uns retten, erlösen und heilen. Denselben Sachverhalt sieht Lorenz auch in Bezug auf die Schöpfung. «Von allen Menschen sollte es uns Christen am einfachsten fallen, uns unser Scheitern im Umgang mit der Schöpfung einzugestehen, weil wir es schon bei zig anderen Lebensbereichen so gemacht haben. Wir neigen aber leider dazu, anderen die Schuld in die Schuhe zu schieben und von uns abzulenken. Ganz zuerst sollte sich jeder an Gott wenden und sich prüfen.»
Wird der Mensch als mangelhaft und Gott als Retter erkannt, ist es naheliegend, Gott um Hilfe und Vergebung zu bitten – gerade auch in der Klimakrise. Und diese Hilfe und Vergebung kommt bestimmt.
Zur Website:
Christliche Klimaaktion
Zum Thema:
Ökumenische Klimatagung: Christsein in der Klimakrise
Methodistische Pfarrerin: Von der Kanzel an die Klimademo
Livenet-Talk: Im Gespräch mit den «andersLEBEN»-Macherinnen
Datum: 20.01.2024
Autor:
Markus Richner-Mai
Quelle:
Jesus.ch