Mit CH-Pass im KZ

Die Schweiz hätte Dutzende Leben retten können

In den Konzentrationslagern kamen im Dritten Reich Hunderte Personen mit einem Schweizer Pass ums Leben. Dies geht aus dem Buch «Die Schweizer KZ-Häftlinge» hervor.
Ehemaliges Konzentrationslager Auschwitz

«Die Schweiz hätte Dutzende Leben retten können, wenn sie sich mutiger und mit mehr Nachdruck eingesetzt hätte.» Das Autoren-Trio Balz Spörri, René Staubli und Benno Tuchschmid gibt einen Einblick in eine Thematik, die ein dunkles Licht auf die Eidgenossenschaft während des zweiten Weltkriegs wirft. Im Buch «Die Schweizer KZ-Häftlinge» berichten die Autoren von 391 Menschen mit Schweizer Pass, welche in deutschen Konzentrationslager landeten – von diesen abgebildeten überlebten 201 Personen die Folter nicht.

Weit über 1'000 Opfer

Laut der Zeitschrift «Tachles» gehen Historiker davon aus, dass neben jenen rund 400 in diesem neuen Buch abgebildeten Personen noch rund 1'000 weitere Menschen mit Schweizer Pass in den Vernichtungslagern getötet wurden. Darunter vorwiegend Jüdinnen.

«Basierend auf Akten, Briefen, historischen Dokumenten und Gesprächen mit Angehörigen sind zudem zehn Porträts von Schweizer KZ-Häftlingen entstanden. Sie stehen stellvertretend für die vielen Schweizer Opfer nationalsozialistischer Verfolgung, die in diesem Buch erstmals in einer Liste namentlich aufgeführt werden», steht in der Verlagsbeschreibung zum Buch, das von «NZZ Libero» herausgegeben wird.

Die drei Autoren liefern in ihrem Hintergrundwerk Beispiele, in welchen die Schweizer Behörden in vollem Wissen untätig blieben. Die «Neutralität» vorschiebend, blieben sie den Nationalsozialisten gegenüber stumm.

Schweiz soll Stellung beziehen

Zu den Beispielen gehört Marcelle Giudici-Foks, die in Frankreich lebte und durch die Ehe mit einem Schweizer auch über den Schweizer Pass verfügte. Der deutsche Gesandte in Bern räumte eine Frist für die Rückkehr ein. Weil Marcelle hochschwanger war, war der Umzug zu diesem Zeitpunkt nicht möglich. Ein Jahr später wurde sie mitsamt ihren Eltern, ihrer Schwester und zwei Kindern nach Auschwitz gebracht, wo alle im KZ umgebracht wurden.

Die drei Autoren hoffen, dass der Bundesrat die damaligen Geschehnisse als falsch erklärt und dass das Thema öffentlich diskutiert wird.

Zum Buch:
Die Schweizer KZ-Häftlinge

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Datum: 21.12.2019
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet / Tachles

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