«Gebet hat mein Leben gerettet»
Herr Wussow, in deutschen
Medien taucht Ihr Name fast ausschliesslich im Kontext Ihres verstorbenen
Vaters Klausjürgen auf. Was löst das in Ihnen aus?
Benjamin
Wussow: Aus meiner Erfahrung ist es immer so gewesen, dass gerade die
Boulevardpresse meinen Namen genutzt hat, um etwas dramatischer zu
machen, als es ist. Als ich nach Spanien gezogen bin, titelten die
Medien: «Wussow-Sohn wird Missionar in Afrika». Es verkauft sich einfach
besser, auch wenn es nicht stimmt. Mich nervt das. Ich verstehe es
zwar, dass mein Vater eine Menge Leute berührt hat und noch heute
berührt. Aber es fühlt sich, mehr als ein Jahrzehnt nach seinem Tod,
nicht ehrlich an.
Lehnen Sie deswegen Anfragen von entsprechenden Blättern ab?
Ja.
Gerade Magazine, mit denen ich negative Erfahrungen gemacht habe, will
ich nicht wieder den Fuss in die Tür setzen lassen. Für mich geht es
nicht darum, meinen Namen ins Rampenlicht zu stellen. Wenn ich aber eine
Möglichkeit sehe, das Evangelium zu verkünden und den Namen Jesus gross
zu machen, ist das etwas anderes.
Sie sind im Alter von 14 Jahren Vollwaise geworden. Wie haben Sie das verkraftet?
Als
ich meine Mutter 2006 verloren habe, war das der grösste Schock in
meinem Leben. Sie war meine Welt. Ich habe sie unheimlich geliebt. Weil
Gott uns geschaffen hat, können wir Dinge verkraften, die wir erleben.
Wenn wir allerdings versuchen, solche Erlebnisse auf eigene Faust
auszukämpfen, wird es sich immer negativ auswirken. Hier hilft nur der
Kontakt zu dem, der uns erschaffen hat und uns wirklich kennt. Er weiss
alles von uns, kennt unsere Gedanken und kann uns wiederherstellen. Ich
persönlich habe eine Erneuerung erlebt, als ich Christ geworden bin.
Haben Sie damals schon Kontakt zu Gott gehabt?
Damals
gab es eine Geschichte über uns in einem Magazin. Dort wurde ich mit
dem wunderbar dramatischen Satz zitiert:«Manchmal schreie ich Gott vor
Wut an.» Das stimmte. Ich war hin- und hergerissen zwischen dem Glauben
an Gott und dem Unverständnis darüber, warum ein liebender Gott so etwas
zulässt. Als ich mich Gott angenähert habe, beziehungsweise mich zu ihm
hingezogen fühlte, habe ich erfahren, wie Gott mir in vielen Bereichen
Antworten gegeben hat. Es waren nicht immer die Antworten, die ich hören
wollte. Aber viel wichtiger als das war Gottes Gegenwart.
Das Gebet war für Sie eher ein Ventil, um der Trauer und den Fragen einen Raum zu geben?
Zunächst
einmal war das Gebet eher Tradition. Ich bin in dem Glauben
aufgewachsen, dass ich Christ bin. Einfach nur, weil wir ein-, zweimal
im Jahr in die Kirche gingen. Das hatte herzlich wenig mit dem
biblischen Vorbild von Christsein zu tun. Das habe ich erst später
gelernt. Meine Gebete waren eher egoistisch. Es ging mir zum Beispiel um
gute Schulnoten. Gebet als Kommunikation mit Gott habe ich erst später
kennengelernt.
Durch wen?
Vieles
habe ich in einer christlichen Jugend- und Pfadfinderarbeit gelernt.
In dieser Zeit habe ich angefangen, mir und Gott existentielle Fragen zu
stellen. Ich habe sie an ihn gestellt, nicht gegen ihn. Gott hat kein
Problem damit, wenn wir unsere Schwierigkeiten und Zweifel vor ihn
bringen. Dazu passt übrigens auch die diesjährige Jahreslosung:«Ich
glaube; hilf meinem Unglauben!» Auf dieses ‚Glauben‘ kommt es an. Das
wurde mir in der Jugend- und Pfadfinderarbeit vorgelebt. Das Gebet hat
später nicht nur meiner Trauer Ausdruck verliehen, sondern ich konnte so
in Gottes Gegenwart Trost finden. Das hat mir das Leben gerettet.
War die Jugend- und Pfadfinderarbeit eine Antwort Gottes auf Ihre Gebete nach dem Tod Ihrer Eltern?
Ja,
definitiv. Ich war bereits ungefähr ein Jahr vor dem Tod meiner Mutter
bei der Jugend- und Pfadfinderarbeit. Trotzdem hatte ich in dieser Zeit
noch nicht unbedingt viel mit dem Glauben zu tun. Auch nach dem Tod
meiner Mutter hat es seine Zeit gebraucht. Aber Gott hat mir dort die
richtigen Personen zur Seite gestellt, um ihn richtig kennenlernen zu
können.
Wann haben Sie sich konkret entschieden, Christ zu werden?
Ich
unterscheide immer zwischen zwei Zeiten. Ein bis zwei Jahre nach dem
Tod meiner Mutter habe ich tatsächlich angefangen zu glauben. Ich habe
ein Übergabegebet gesprochen und Jesus als meinen Erlöser angenommen.
Ich habe in dieser Zeit seine Gegenwart erlebt und viele Antworten
erhalten. Ich habe ihn aber nicht zum Herrn, also zum Eigentümer meines
Lebens gemacht. Es gab einfach noch eine Menge Schwachsinn in meinem
Leben. Ich hatte beispielsweise Probleme mit Pornographie.
Wann hat sich das geändert?
Das
hat sich im Sommer 2010 geändert. Einige Tage nach starken Erfahrungen
mit Christen aus den USA habe ich mich auf einem Camp in einen Raum
zurückgezogen. Dort bin ich auf die Knie gegangen und zusammengebrochen.
In dem Moment habe ich Jesus alles hingegeben und mich seinem Willen
unterstellt. Ich habe die Entscheidung getroffen, nie wieder zu meinem
vorherigen Leben zurückzukehren. Ich wollte dem Gott, der willens ist,
die Scherben meines Lebens zu einem wunderschönen Mosaik
zusammenzusetzen, ohne Kompromisse folgen.
Was raten Sie Christen, die vor schwierigen Herausforderungen stehen?
Beten
und die Bibel mit dem Fokus der Gemeinschaft zu Gott lesen. Die Bibel
ist klar genug, um aufzuzeigen, wie wir handeln sollen. Das sehen wir
vor allem im Neuen Testament. Ein Leben im Übernatürlichen, in Liebe, in
Wundern und in Heilung ist nicht nur möglich, es ist gottgewollt.
Die Zeitung Die Welt schrieb 2013, dass Sie Priester werden möchten. War an dieser Behauptung etwas dran?
Nein. Ich glaube an die Priesterschaft der Gläubigen im biblischen Sinne. Also dahingehend stimmt die Aussage, ansonsten nicht.
Jetzt arbeiten Sie als Missionar bei «Jugend mit einer Mission» in Spanien. Das ist ein sehr 'christlicher' Beruf.
Das
stimmt. Ich wollte vor einigen Jahren an einer Missionsreise einer
amerikanischen Gemeinde teilnehmen. Da diese aber grundsätzlich nach
Afrika oder Lateinamerika gingen, war es für mich finanziell nicht
möglich. Ein Ehepaar erzählte mir, dass es eine Missionsreise nach
Spanien machte. Ihm habe ich mich angeschlossen. In dieser Zeit hat Gott
angefangen, zu mir zu sprechen. Daraufhin habe ich in den folgenden
Jahren immer wieder Missionsreisen nach Spanien unternommen. Nach einer
Zeit im Fasten und Gebet und nach Gesprächen mit Menschen, bei denen ich
wusste, dass sie fest im Glauben und verrückt genug für Jesus sind,
habe ich mich für den Schritt nach Spanien entschieden.
Muss man als Christ verrückt sein?
Ich
bin davon überzeugt, dass wir bereit sein sollten, alles stehen und
liegen zu lassen, wenn Jesus uns dazu aufruft. Ich glaube nicht, dass
jeder Christ Missionar im Ausland sein muss. Ein Christ sollte in dem
Sinne verrückt sein, dass er ausserhalb von dem ist, was in der Welt als
normal gilt. Dazu gehört die Bereitschaft, alles für Jesus aufzugeben.
Können Sie sich vorstellen, nach Deutschland zurückzukehren?
Wenn Gott mich zurückruft? Absolut. Momentan scheint aber mein Platz hier in Spanien zu sein.
Über Benjamin Wussow
Benjamin Wussow, Jahrgang 1993, arbeitet für die christlich-missionarische Organisation «Jugend mit einer Mission» in Spanien. Der Sohn des verstorbenen Schauspielers Klausjürgen Wussow lebt seit einigen Jahren in Madrid.
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Datum: 17.03.2020
Autor: Martin Schlorke
Quelle: PRO Medienmagazin | www.pro-medienmagazin.de