Kinder für alle

Das Kindeswohl ist zu oft eine leere Metapher

Das Kindeswohl gilt im Sozialbereich als Kernbegriff und ist bei heiklen Entscheidungen ausschlaggebend. Dennoch gibt die Gesellschaft viel häufiger dem Wohl und den Interessen der Erwachsenen den Vorrang. Ein Beispiel ist die vom Schweizer Nationalrat beschlossene Fortpflanzungsmedizin für lesbische Paare. Ein Kommentar von Livenet-Redakteur Fritz Imhof.
Kind mit lesbischen Eltern
Redaktor Fritz Imhof

Noch vor dem Entscheid des Ständerates und vor der wahrscheinlichen Referendumsabstimmung wird die Ehe für alle und insbesondere auch die zugleich von der grossen Kammer beschlossene Legalisierung der Samenspende und der Fortpflanzungsmedizin für lesbische Paare als gesellschaftlicher Erfolg gefeiert. Ratsmitglieder, die auf mögliche Probleme für Kinder hinwiesen, die mit zwei Müttern und einen anonymen Vater aufwachsen müssen, wurden in den Wind geschlagen. Schliesslich lassen sich schon länger Studien zitieren, die – meistens ganz im Sinne der Auftraggeber – darauf hinweisen, dass es keine Rolle spiele, ob ein Kind mit zwei Müttern, zwei Vätern oder ganz traditionell mit Vater und Mutter aufwachse.

Kommt die Legalisierung der Leihmutterschaft?

Noch hat der Ständerat die Fortpflanzungsmedizin für lesbische Paare nicht durchgewunken. Absehbar ist dennoch, dass früher oder später auch das Verbot der Leihmutterschaft unter Beschuss kommt. Schon heute wird Männerpaaren, die mit einem von einer Leihmutter in Amerika oder Indien ausgetragenen Kind einreisen, die elterliche Sorge erteilt. Das Kindeswohl wird in diesem Fall dem Gesetzesparagrafen übergeordnet – und damit auch das Wohl des Paares, das sich seinen Wunsch erfüllt hat.

Bereits werden Argumente in den Medien herumgeboten, die für die Leihmutterschaft sprechen. Und Leihmütter werden als selbstlose Wohltäterinnen gefeiert. Sie erfüllen den Wunsch auch heterosexueller Paare, die sich seit langem innig ein Kind wünschen.

Eine gesellschaftliche Entwicklung

Die Gesellschaft hat sich längst in eine Richtung bewegt, die einen hedonistischen Zug trägt. Wichtig ist, dass sich jeder Mensch seinen Wunsch erfüllen kann, solange das irgendwie möglich ist und nicht offensichtlich einem Anderen schadet. Sie ordnet auch das Lebensrecht eines werdenden Kindes dem Wunsch einer werdenden Mutter unter, ihr Leben ohne die Belastung durch ein Kind zu gestalten.

Letztlich steht das Wohl der Erwachsenen hier und dort über dem Wohl des Kindes, solange sich dieses nicht explizit äussern und seine Interessen verteidigen kann. Es ist die logische Folge davon, dass die persönliche Autonomie und deren Umsetzung und Verteidigung zum höchsten Wert der Gesellschaft geworden ist.

Christliche Werte verteidigen – aber wie?

Christen mögen das bedauern, auch wenn sie zuweilen selbst gerne von dieser Werteverschiebung profitieren. Viele werden jetzt biblische Werte verteidigen wollen. Sie müssen sich aber fragen, ob es Sinn macht, wie ein Winkelried gegen diese Entwicklung anzukämpfen. Vielleicht ist es manchmal besser, wenn wir bereit und offen sind, Menschen, die von der modernen Gesellschaft überfordert und verletzt sind, einen Hort der Gemeinschaft anzubieten mit mithörenden und mitfühlenden Mitmenschen. Und damit einfach ein Zeugnis für den Auferstandenen zu sein, der für uns alle gelitten hat.

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Datum: 16.06.2020
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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