Nach dem Machtwechsel

Christen im Sudan dürfen hoffen

Der Machtumsturz im Sudan dürfte einen christenfreundlichen muslimischen Ordensmann an die Macht bringen: Abdel Fattah al-Burhani.
Alaa Salah, eine Ikone des Protestes, spricht vor Demonstranten in Khartum

In Khartum campieren zehntausende Unzufriedene auch diese Woche vor dem Oberkommando der sudanesischen Streitkräfte. Nachdem diese den aus ihren Reihen 1989 empor gekommenen Langzeitdiktator Omar al-Baschir vergangenen Donnerstag gestürzt und durch eine Militärjunta ersetzt hatten, begannen in ihr sofort die üblichen Machtkämpfe: Unter dem Eindruck des ungebrochenen Protests der Strasse musste der frisch gebackene neue Machthaber General Auwad Ibn Auf ebenfalls zurücktreten.

Zivile Übergangsregierung als Chance

Der General war ein blutiger Scherge von Baschir bei der Niederwerfung der Separatisten im westlichen Darfur, somit war er alles andere als der richtige Mann, um beim Volk Zuversicht für mehr Freiheit und Gerechtigkeit zu wecken. Er wurde daher durch den Generalinspektor des Heeres, Abdel Fattah al-Burhani, ersetzt. Inzwischen fordert der Gewerkschaftsbund SPA im Namen der demonstrierenden Massen den Rücktritt der ganzen Junta, verspricht ihr jedoch die Einbindung führender Militärs in eine mehrheitlich zivile Übergangsregierung.

Ein Exponent der «Burhania» als neuer Regierungschef?

Dafür kommt in erster Linie Burhani in Frage. Der Karriere-Offizier war bisher fast nur in militärischen Kreisen bekannt, dort aber ebenso beliebt wie geachtet. Politisch hervorgetreten ist er zum ersten Mal während dieser Kundgebungen, als er auf die Strasse ging und bei den Demonstrationen mitmachte. Hinter seinem jetzigen Aufstieg steht aber noch eine ganz andere, typisch sudanesische Kraft: Wie schon sein Name sagt, handelt es sich bei Burhani um einen Exponenten der «Burhania».

Rückzug ins Kloster, dann wieder in die Welt

Diese Derwisch-Bruderschaft hat ihren Ursprung im mittelalterlichen Ägypten; sie ist jedoch in den letzten Jahrzehnten besonders im Sudan - und übrigens auch in Europa - verbreitet. In arabischen Diktaturen, wo Parteien nichts zu sagen haben, spielen diese Gemeinschaften hinter den Kulissen eine wichtige, sozial verbindende und politisch einigende Rolle. Bei ihren Andachten sitzt der einfache Landwirt neben dem Akademiker, die Arbeiterin neben der Firmenchefin. Die Schwestern und Brüder verbringen eine Zeit der Erweckung in einer Zawiya, einem - wie wir sagen würden - «Kloster auf Zeit». Dann  gehen sie wieder in die «Welt» hinaus, treffen sich aber zu wöchentlichen Andachten in ihrem «Kloster». Von lebenslangem Mönchstum halten die Burhanis und andere Bruderschaften wenig.

Christen im Beobachtermodus – nun dürfen sie hoffen

In Khartum soll jetzt die Burhania treibende und organisierende Kraft hinter dem «Volksbegehren» für einen demokratischen Wandel sein. Diese immer wahrscheinlichere Konstellation ist es auch, die Sudans Christen Hoffnung gibt. Bisher halten sich angesichts der fast stündlich wechselnden Machtverhältnisse in Khartum die sudanesischen Kirchen mit öffentlichen, allzu lauten Stellungnahmen abwartend zurück; ob es sich um Evangelische, Anglikaner, Katholiken oder die ebenfalls recht zahlreichen orthodoxen Kopten aus Ägypten handelt.

Die letzten 30 Jahre unter dem politislamischen Diktator Baschir und seinem fanatischen Berater Hassan at-Turabi von den Muslim-Brüdern sind zu schlimm gewesen. Mit den Burhania-Brüdern (und -Schwestern) haben aber viele von ihnen gute Erfahrungen gemacht. Ähnlich wie die Bektaschis in Albanien sind die Burhanis erwiesen christenfreundlich. Handelt es sich bei ihnen - wie bei anderen «Sufi»-Bruderschaften auch - doch um jene Muslime, die dem Evangelium Jesu am nächsten stehen. Davon kann man sich auch in der Schweiz in ihrem Bruderhaus (Zawiya) am Brosiweg 33 in Dornach (SO) überzeugen.

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Datum: 17.04.2019
Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet

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