«In der Pionierzeit wurde ganz anders geflogen»
Hansjörg
Leutwyler, heute ist die MAF mit Flugzeugen wie der PC-12 unterwegs.
Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn sie die alten «Kisten» sehen?
Hansjörg Leutwyler: In der interessanten Pionierzeit wurde viel freier
geflogen, als heute mit all den Reglementen und festgelegten Abläufen.
Zu Beginn war zudem stets ein Mechaniker mit an Bord, das ist heute
nicht mehr nötig. Das Ziel ist aber dasselbe geblieben: Menschen in
Notlagen in schwer zugänglichen Gebieten der Welt beizustehen. Wir legen
Wert darauf, mit den Leuten zu leben, ihre Sprache zu sprechen, ihre
Kultur zu verstehen und so besser auf ihre Nöte reagieren zu können.
Wenn wir heute in rund 30 Ländern fliegen, so ist es nicht anders als
damals vor 70 Jahren: Wir helfen nicht selber, aber wir fliegen für die
verschiedensten Partner, die in humanitärer und kirchlicher Arbeit
involviert sind.
Wie wird das Jubiläum gefeiert?
Nicht einmal besonders gross. In fünf Jahren folgt das 75. Jahr, das ist
der grössere Meilenstein. Dennoch flogen wir kürzlich Stewart King von
England ein, er ist 93 Jahre alt und einer der Pioniere der Bewegung,
der zu jenen gehörte, die kurz nach dem Zweiten Weltkrieg auszogen und
die MAF gründeten. Stuarts Flugzeug erlitt schon auf der ersten
Erkundungsreise Totalschaden. Aber er liess nicht locker, ging zurück
nach England und sammelte zusammen mit seinen Freunden für einen
nächsten Flieger. Wir sind Gott dankbar, dass er sich nicht locker
liess. Er ist damit vielen Notleidenden zum Segen geworden.
Was sind die aktuellen Schwerpunkte in der MAF-Arbeit?
Zurzeit sind wir beispielsweise – gemeinsam mit der Helimission – in der
Wiederaufbauhilfe in Nepal involviert. Zwei gemietete Helikopter sind
dort im Einsatz. Die DEZA steuert dazu einen Betrag von 100'000 Franken
bei – und die britische DFID über eine Million –, damit die dringend
notwendigen Flüge durchgeführt und den Menschen im Katastrophengebiet
geholfen werden kann.
Oder in Liberia starten wir aktuell einen neuen Flugdienst mit einem Schweizer Programmleiter. Und auch in Myanmar sind wir dabei, einen Flugdienst aufzuziehen. Dagegen haben wir vor kurzem unseren Dienst in Tansania zurückgefahren, weil sich die Infrastruktur des Landes verbessert hat – die MAF ist da ständig am Evaluieren. Für Papua-Neuguinea und für den Südsudan suchen wir derzeit Mechaniker und Administratoren – und könnten gut 10 zusätzliche Piloten gebrauchen.
MAF International wird 70 – wann ist der Zweig in der Schweiz entstanden?
Piloten aus der Schweiz sind seit über 30 Jahren für die MAF tätig.
Früher waren diese in die «Schweizerische Missionsgemeinschaft», kurz
die SMG, eingebunden. Vor zehn Jahren wurde dann die MAF Schweiz
aufgrund der wachsenden Zahl der Mitarbeitenden gegründet. Dennoch
blieben wir mit der SMG verbunden, sie erledigt für uns die Aufgaben in
der Finanz- und teilweise der Personaladministration; dieses Auslagern
der Aufgaben könnte übrigens auch für andere kleinere Hilfs- oder
Missionswerke interessant sein.
Wie ist die Bewegung international aufgestellt?
Weltweit haben wir mehrere Standbeine, die Leitstellen befinden sich in
England, USA, und Australien, die Schweiz ist einer der 16 Teilhaber an
den drei operationellen Basen. Wir beteiligen uns mit Mitarbeitenden und
Finanzen und sind auch bei internationalen Leitungsaufgaben mit
eingeschlossen. 15 Familien aus der Schweiz stehen in neun verschiedenen
Ländern im Einsatz. Der Beitrag der Schweiz ist eher klein - und doch:
Gemessen an der Einwohnerzahl hat die MAF-Schweiz wohl die höchste
Mitarbeiterdichte. Die Stärke der MAF ist die internationale
Positionierung und Vernetzung mit rund 1500 Partnerorganisationen. Dass
die MAF international aufgestellt ist, hat auch einen grossen Vorteil
bei Katastrophen: Ein solcher Flugdienst kann sehr schnell und effizient
auf Nöte wie in Nepal, in Haiti oder Indonesien reagieren.
Sie sind selbst Pilot, sind Sie heute ebenfalls noch ab und an für die MAF in der Luft?
Vor meiner Zeit als Leiter der Evangelischen Allianz war ich während 15
Jahren mit der MAF unterwegs. Zuerst in Senegal, Mali und dem Kongo
(DRC) als Pilot; später dann im internationalen Management. Ich fliege
deshalb schon lange nicht mehr.
Wie gross ist die MAF-Flotte?
Sie umfasst derzeit 132 Flieger, vor zwei Jahren waren es noch 140.
Zunehmend stellen wir um auf Turboprob-Maschinen um, weil diese nicht
mit Avgas sondern mit JP1 betankt werden. Das ist, wie wenn man beim
Auto von Bleifrei auf Diesel umstellen würde. JP1 ist einfacher
erhältlich und günstiger. Zudem haben die Turboprop-Flugzeuge eine etwas
grössere Ladekapazität. So hat die Verkleinerung der Flotte betreffend
Cargo und Passagiere nicht viel verändert.
Welches Flugzeug stösst als nächstes zur Flotte?
Voraussichtlich eine Cessna 182 mit Dieselmotor, es gibt eben auch
Flieger mit normalem Dieselmotor. Einerseits stellen wir um auf die
zuverlässigeren und «grösseren» Turboprop-Maschinen mit 8-10 Plätzen,
auf Cessna 208 oder Quest Kodiak, anderseits bedingt dies die
Anschaffung der Vier-Plätzer, um kostengünstig und optimal auf die
Bedürfnisse der Menschen reagieren zu können. Umstellungen gibt es sonst
eher im Cockpit als bei den Flugzeugen selber. So werden im kommenden
Jahr etliche der Flieger eine neue Instrumentierung mit Bildschirmen
anstelle der herkömmlichen Kreiselinstrumenten erhalten.
Was geschieht am Begegnungstag?
Der alljährliche MAF-Begegnungstag ist, was das Wort sagt: ein Tag der
Begegnung. Missionsinteressierte begegnen MAF-Mitarbeitenden. Man
tauscht sich aus, hört was Gott in der Welt tut und lernt sich kennen.
Letztmals hatten wir eine Pilatus PC-12 dabei. Diesmal wird kein
Flugzeug der MAF vor Ort sein, jedoch werden Berichte aus Uganda, Sambia
und Nepal zu hören sein. Dazu kommt ein Flugsimulator für Kinder und
Rundflüge werden angeboten. Der Begegnungstag wird am 15. August auf dem
Flugplatz Bern-Belp ab 9.30 Uhr bis 15.15 Uhr durchgeführt.
Zur Webseite:
MAF Schweiz
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Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet