Abenteuer Afrika

Aus dem Logbuch der Helimission

Mit dem Jet erreicht man Afrika rasch. Mit dem Hubschrauber wird die Reise schon abenteuerlicher. Simon Tanner und Marc Schmidtke flogen mit einem Heli nach Äthiopien, zum Stützpunktder Helimission. Für Livenet.ch öffnet Tanner das Logbuch.
Landung auf Iraklion, in Kreta (alle Fotos: Helimission).
Co-Pilot Marc Schmidtke wartet auf den Tankwagen.
Pilot Simon Tanner.
Wüste im Süden Ägyptens.
Marc Schmidtke über der ägyptischen Wüste.
Immer noch ägyptische Wüste.
Der Helikopter auf dem Wüstenflugplatz Abu Simbel im Süden Ägyptens.
Tempel von Ramses II. in Abu Simbel.
Überschwemmtes Dorf am Blauen Nil im Südosten des Sudan.
Am Abend ist das Ziel erreicht: Addis Abeba.
Endlich in Addis Abeba
Logbuch und Landkarte sowie Luftstrassenkarte von Ägypten.
Simon Tanner, Marc Schmidtke, Karl Hargestam (Leiter von «Joshua Campaign Ethiopia») und der Präsident von Äthiopien, H. E. Girma Wode Giorgis.

Mit dem Heli nach Äthiopien fliegen, da ist nichts mit Filmeschauen und warmen Mahlzeiten hoch über den Wolken wie bei einem Passagierflieger. Stattdessen geht es manchmal recht weit runter, und es wird richtig heiss in der Kabine.

Eine Regenfront über Italien, Waldbrände in Griechenland, dann die Überschwemmungen in Afrika ... – Wir sprachen mit Simon Tanner über diese Reise. Lesen sie weiter unten seine Logbuch-Einträge. Grund der Reise war die Überführung eines Helikopters. Der «AS-350 BA Ecureuil» sollte aus der Schweiz nach Äthiopien gebracht werden, wo er inzwischen eingesetzt wird.

Livenet.ch: Simon Tanner, wie ist das, mit einem Heli durch Afrika zu fliegen?
Simon Tanner: Wenn man tief fliegt, sieht man mehr, aber die Motorleistung ist höher. In der Höhe braucht man weniger Treibstoff, darum fliegt man gerne so 3000 bis 4000 Meter hoch. In Italien flogen wir aber wegen schlechtem Wetter nur auf 300 Metern, ab Griechenland dann auf rund 3000 Metern. Addis Abeba liegt aber auf 2600 Meter; da fliegt man trotz der Höhe wieder sehr tief.

Ein Abenteuer?
Eigentlich nicht so. Ich musste oft an meinen Vater denken, an Ernst Tanner. Als er nach Afrika flog, war das viel abenteuerlicher. Heute geht das einfacher, gerade das GPS ist eine Riesenhilfe.

Wir waren auch in Afrika immer in Funkkontakt mit den Flugleitstellen. Die lenkten uns die offiziellen Luftstrassen entlang, die auch die Verkehrsflieger nutzen. Man kann nicht einfach fliegen, wie man will; höchstens mal zwei bis drei Kilometer abweichen oder Wolken umfliegen. Alle 50 bis 100 Kilometer mussten wir unsere Höhe melden.

Habt Ihr die Jets gesehen?
Gesehen nicht, aber ihren Funk gehört. Sie flogen jeweils in zehn bis 12 Kilometern Höhe. Als wir dann auf dem Weg nach Äthiopien waren, kam die Meldung von einem Verkehrsflieger, dass wir umkehren müssen. Khartoum erreichte uns nicht mehr, ein Flieger übernahm deshalb die Relaisfunktion.

Was habt Ihr am Boden erlebt?
In Ägypten stellte man uns viele Fragen, besonders die Leute vom Flughafendienst, aber auch in Abu Simbel, auf einem kleinen Flugplatz im Süden des Landes. Die Mitarbeiter im Tower wollten viel über unsere Arbeit wissen.

In Khartum, im Sudan, wollten wir nicht übernachten; wir hatten keine Visa. Notgedrungen mussten wir dann aber eine Nacht dort bleiben. Um den Flughafen verlassen zu können, mussten wir unsere Pässe abgeben und konnten dann mit einer «General Declaration» für Flugpersonal ausserhalb des Geländes in ein Hotel.

Diese Stadt entpuppte sich als sehr abgewirtschaftet. Das Hotel war wohl früher mal eines der besseren. Jetzt war es alt und verbraucht und nicht instandgehalten. Es berührte mich, in dieser Stadt so eine grosse Armut zu sehen.

Wie hat Euch sonst noch beeindruckt?
Zum Beispiel etliche Dörfer im Sudan, die immer noch überschwemmt waren. Und die Hitze, wenn wir tiefer flogen. Sie stieg dann sehr schnell. Darum waren wir froh, dass wir meistens auf einer grösserer Reisehöhe fliegen mussten. Die Aussentemperatur betrug dann noch zwölf Grad. Durch die Sonneneinstrahlung war es im Heli gerade angenehm. Unser Tank reichte für 5,5 Stunden, das sind rund 1000 Kilometer.

Langweilig wurde es uns aber nie dabei; immer wieder war man am Funk gefordert und musste ja auch den Helikopter auf Kurs halten. Es war ein grosser Vorteil, dass wir zu zweit unterwegs waren.

Wurde es auch mal gefährlich?
In Italien regnete es extrem. Man konnte nicht weit sehen, darum flogen wir der Autobahn entlang. Wir konnten die Regenwolken auch nicht überfliegen. Sie waren so hoch, dass sogar die Linienflugzeuge versuchten, sie zu umfliegen. Aber diese Front war gleichzeitig so gross, dass auch das nicht ging. Darum überlegten wir uns, ob wir nicht einfach auf einem Feld landen sollten.

Wir flogen langsam; mit einem Heli ist man da flexibel. Der Fluglotse war kooperativ und erlaubte uns, der Autobahn entlangzufliegen. Über Griechenland sahen wir dann die schweren Waldbrände. Es war dunstig. Wir flogen zwar nicht durch Rauch, dennoch waren viele Partikel in der Luft.

Und dann kam die Wüste. Was war das für ein Gefühl?
Das war recht langweilig, und ich musste viel an Vater denken und an die Ungewissheit, die man damals noch hatte. Heute hat man gerade dank GPS Sicherheit und muss keine Angst haben, plötzlich vom Kurs abzuweichen. Vater war da noch viel mehr persönlich gefordert.

Über dem Meer trugen wir Schwimmwesten und hatten ein Rettungsboot dabei. Ein kräftiger Zug am Riemen, und schon hätte es sich aufgeblasen. Das ist so Vorschrift. Die Wartungspapiere haben wir separat mit der Post geschickt. Bei einem Absturz ins Meer wären sie verlorengegangen wären; eine Vorsichtsmassnahme wegen der Versicherung.

Simon Tanners Logbuch-Einträge von seiner Reise nach Afrika

Überflug von HB-ZHQ, unserer AS-350 BA (Ecureuil), von Trogen (Schweiz) nach Addis Abeba (Äthiopien) über 5500 km.

23. August
Endlich hörten wir, dass das Rotorsystem ausbalanciert und die Maschine flugtüchtig sei. Ich begann den Überflug nun ernsthaft vorzubereiten, indem ich mich um die Flugbewilligungen für Ägypten, den Sudan und Äthiopien bemühte.

25. August
In Ägypten und dem Sudan kam ich nicht durch. Deshalb erwog ich, den Überflug auf den November zu verschieben. Dort hatte ich in meiner Agenda wieder 10 Tage frei.

26. August
Von Freunden in Kairo (Ägypten) hörte ich, dass sie eine Agentur kennen, die Flugbewilligungen vermittle. Ich nahm es als ein Zeichen vom Herrn und blieb bei meinem aktuellen Plan.

27. August
Adrian und ich bekamen noch etwas Flugtraining auf HB-ZHQ.

29. August
Das Schweizerische Luftamt nahm die Maschine ab, und wir planten, am nächsten Tag zu starten. Das Wetter war aber so schlecht, dass es keine Chance gab, die Schweiz zu verlassen. Diese Zeit nutzten Marc und ich, um uns besser auf den langen Flug vorzubereiten.

30. August
Die Flugerlaubnis für Ägypten trifft ein: NBR CAA 3779. Preis den Herrn! Im Glauben rechnen wir auch damit, dass die Bewilligungen für den Sudan und Äthiopien kommen werden, wenn wir sie brauchen.

31. August
Am Freitagmorgen starten wir hier in Trogen und fliegen für die Zollabfertigung nach Samaden ins Engadin. Von dort geht es weiter nach Italien. Bei Rimini zwingt uns schlechtes Wetter, tief zu fliegen. Wir folgen der Autobahn bis Ancona. Nach dem Auftanken sitzen wir wieder bereit im Cockpit. Draussen bläst der Wind den Regen an die Scheiben. Im Wetter-Bulletin lese ich, dass für Korfu/Kerkira, unserem nächsten Ziel, alle Flugzeuge eine schriftliche Bewilligung brauchen. Und die darf erst 24 Stunden vor der Landung erteilt werden!

Über mein Handy rufe ich dort an. Der Mann am andern Ende ist sehr freundlich. Er sagt, er mache eine Ausnahme. Ich könne ihm ein Fax schicken, und er werde sofort darauf antworten. Ich nehme meinen Mut zusammen und frag ihn, ob wir das nicht gleich am Telefon machen könnten, denn ich sitze im Cockpit vor dem Tower mitten in einem Regenschauer. Er ist einverstanden. PTL!* Kurz nach dem Start klart es auf, und wir landen noch vor Sonnenuntergang in Korfu.

* PTL heisst «Praise the Lord» – «dem Herrn sei Dank».

1. September
In der Morgendämmerung machen wir den Heli für den nächsten Flug bereit. Sobald der Tag anbricht, starten wir und fliegen in dreieinhalb Stunden nach Iraklion auf Kreta. Auftanken und weiter geht’s übers Mittelmeer. Nach dreistündigem Flug übers offene Meer erreichen wir Alexandria und atmen auf; eine weitere Stunde später sind wir in Kairo. Der Fluglotse schickt uns um die Stadt herum, damit wir dann wie ein Airliner landen. So haben wir das Vorrecht, die Stadt von allen Seiten zu sehen, auch die Pyramiden – sehr eindrucksvoll! Unsere Freunde begrüssen uns kurz vor Sonnenuntergang, verwöhnen uns mit einem guten Essen, klimatisiertem Zimmer und herzlicher Gemeinschaft.

2. September
Nach einem ruhigen Morgen haben wir einen viereinhalbstündigen Flug vor uns. Er bringt uns nach Abu Simbel, ganz im Süden von Ägypten, direkt an der Grenze zum Sudan. Über ganz Ägypten müssen wir 8500 Fuss hoch fliegen (2700 Meter). Da ist es mit ungefähr 15 Grad angenehm kühl. Beim Absinken hinter Abu Simbel steigt die Temperatur auf über 40 Grad, und das bei Sonnenuntergang gegen 18.30 Uhr!

3. September
Wir warten weiterhin auf unsere Flugerlaubnis für den Sudan. Am Nachmittag ruft der Schweizer Botschafter aus Khartum an und gibt mir die Nummer der Bewilligung durch: CAA 3587. Sofort benachrichtigen wir den Zoll, der aus Assuan herkommen muss, 3 Autostunden entfernts. Am nächsten Morgen wird er hier sein. So haben wir die Gelegenheit, bei Nacht den Tempel von Ramses II. zu sehen und dann eine erholsame Nacht zu verbringen.

4. September
Vor Sonnenaufgang gehen wir zum Flugplatz. Die Zöllner sind schon da. Nach der Abfertigung starten wir die Maschine. Einige Messgeräte funktionieren nicht richtig. Nach etwas Arbeit an den elektrischen Verbindungen läuft mit einem Mal wieder alles. Start ist um 6.45 Uhr. Wir fliegen über die Wüste, genau wie von Kairo nach Abu Simbel. Nur beim Überqueren des Nil sehen wir etwas Grün.

Einige Meilen vor Khartum erkennen wir vereinzelte Bäume und Büsche. Um 10.37 Uhr landen wir auf dem Flugplatz der sudanesischen Hauptstadt. Nach dem Auftanken starten wir zu unserem letzten Reisestück. Das Land wird immer grüner. Wir sehen Dörfer, viele sogar überschwemmt.

Bald verlieren wir die Funkverbindung zur Station in Khartum. Kurz vor der äthiopischen Grenze dann erreicht uns ein Funkspruch von einem Flugzeug, das über uns in 10 km Höhe fliegt. Wir keine Erlaubnis hätten, in äthiopischen Luftraum einzufliegen. Wir können es nicht fassen! Über dieses Flugzeug als Zwischensender geben wir nach Khartum durch, sie sollen sich nochmals erkundigen; der äthiopische Präsident persönlich würde uns erwarten.

Nach weiteren zehn Minuten erhalten wir dieselbe Antwort: Wir seien nicht ermächtigt, im äthiopischen Luftraum zu fliegen. So müssen wir umkehren und nach Khartum zurück – eine sehr schwierige Entscheidung. Wir beten und denken dabei an die Bibelstelle in Römer 8,28: «Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alles zum Besten zusammenwirkt.» Dass dies uns zum Besten dienen soll, ist im Moment schwer zu verstehen.

Zurück in Khartum sehen wir uns mit einem andern Problem konfrontiert: Wir haben kein Visum, um hier zu bleiben. Der Zöllner schreibt uns eine «General Declaration». Mit so einem Papier kann die Crew eines Flugzeugs praktisch in jedem Land bleiben. Wir telefonieren unseren Freunden in Äthiopien, damit sie sich um die Flugbewilligung kümmern. Der Präsident schaltet sich ein, um den Prozess zu beschleunigen.

Erst später erfahren wir, dass der Präsident allen Ministerien angerufen hat, vom Zivilen Luftfahrtamt bis zum Verteidigungsministerium. So weiss nun jeder, dass der Präsident diesen Helikopter im Land haben will. Das ist nun «das Beste», das bei unserem fünfstündigen Umweg, dem längsten Flugabschnitt der ganzen Reise, herausgekommen ist.

5. September
Den ganzen Morgen lang zählen wir auf dem Flugplatz von Khartum die Minuten und warten auf die Flugbewilligung für das äthiopische Hoheitsgebiet. Kurz vor 13 Uhr erhalten wir grünes Licht – grade noch rechtzeitig, um einen Flugplan zu machen und um Addis vor Sonnenuntergang zu erreichen. Vollgetankt starten wir ein zweites Mal Richtung Äthiopien.

Wir rechnen mit über fünf Stunden Flugzeit. Doch der Herr gibt uns auch diesmal einen guten Rückenwind, so dass wir keinen Funkkontakt mit Addis, denn Regen und niedrighängende Wolken zwingen uns, tief zu fliegen. Wir hören ein schweizerisches Flugzeug über uns (Flu 3292). Der Pilot leitet unseren Funkspruch nach Addis weiter, so dass sie dort wissen, wir sind unterwegs. Wir bekommen eine positive Antwort. Gut, zu wissen, dass wir erwartet werden.

Starke Regenfälle auf der linken Seite, Nebel rechts von uns, aber in unserer Richtung war’s gerade noch möglich, durchzukommen. Gott ist gut! Wir bekommen den Helikopter und die Turbine gut gewaschen. Beim Flug über das Meer hatte der viele Salzwind den Geräten zugesetzt. Unmittelbar vor Einbruch der Dunkelheit landen wir. Perfekte Planung!

6. September
Um 10 Uhr ist die Begrüssungs-Zeremonie mit dem Präsidenten, der das Band zum Hubschrauber durchschneidet. Auch einige besondere Gäste sind geladen zu dieser Präsentation. Das Staatliche Fernsehen filmt den Augenblick, in dem Präsident H. E. Girma Wode Giorgis das Band entzweischneidet und eine kurze Ansprache hält. Schon zwei Stunden kommt dieser Anlass in den Fernsehnachrichten. Der Helikopter heisst nun «Millennium Helikopter», denn am 11. September beginnt für die Äthiopier das Jahr 2000, das neue Millennium. Noch am gleichen Tag, spät am Abend, fliege ich zurück in die Schweiz.

Mein Dank

Ich danke dem Herrn
- für Bewahrung auf dem ganzen Flug
- für seine Hilfe bei der Kommunikation mit den Fluglotsen
- für das gute Flugwetter
- für den guten Rückenwind, den er uns gegeben hat. Das ist ein Wunder: Fünf Tage lang hatten wir in über dreissig Flugstunden einen guten Rückenwind. Die einzige Zeit mit Gegenwind war beim Rückflug nach Khartum.
- dass die Flugbewilligungen zur rechten Zeit gekommen sind
- dass alles zum Besten zusammengewirkt hat
- für die grosse Gunst, die wir beim Präsidenten geniessen.

Die ganze Aufregung diente nun dazu, unsere Arbeit in Äthiopien bekannt zu machen. Vom Verteidigungsminister bis zum Chef des Luftamtes wissen jetzt alle, dass der Präsident hinter der Helimission steht.

Mein Dank gebührt auch allen, die für diese Reise gebetet haben, wie auch denen, die aktiv mitgeholfen haben, dass dieser Überflug ein Erfolg wurde. Möge dieses technische Instrument dazu helfen, bisher noch nicht erreichten Menschen das Evangelium zu bringen, Notleidenden beizustehen und Hoffnungslosen Hoffnung zu bringen.

Datum: 12.11.2007
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch

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