Investition in die Zukunft

Hoffen ist Arbeit

Oft beginnt Hoffnung im Kleinen und wird immer grösser
Viele Menschen schauen gerade in eine ungewisse Zukunft. Gibt es Hoffnung? Ja, und dazu hilft sowohl ein Blick ins Neue Testament als auch einer «durch den Horizont».

«Du, dazu fehlt mir einfach die Hoffnung!» Das ist eine typische Antwort für unsere Zeit. Es gab Phasen in der Geschichte, die von grossen Aufbrüchen und unbändiger Hoffnung geprägt waren. Momentan herrscht eher eine gesellschaftliche Depression: Auch wenn es in unseren Breiten den Wenigsten wirklich schlecht geht, sind sie davon überzeugt: So schlimm wie jetzt war es noch nie! Und rechnen sogar damit, dass vieles noch schlimmer wird – schwindender Wohlstand, schrumpfende Kirchen, verwässerter Glaube… Die Liste der regelmässig kolportierten Schwierigkeiten ist lang. Wer sich in dieser Situation hinstellt und behauptet: «Ich schaue mit Hoffnung in die Zukunft!», outet sich scheinbar als naiv. Oder gibt es tatsächlich Gründe zu hoffen?

Ein «Körnchen» Hoffnung

Hoffnung ist tatsächlich einer der zentralen Begriffe in der Bibel. Zusammen mit Glaube und Liebe bleibt sie für immer. Und im Epheserbrief unterstreicht Paulus, dass wir «berufen [sind] zu einer Hoffnung». Trotzdem war sie schon zu neutestamentlicher Zeit umkämpft. Christus blieb nicht, sondern starb am Kreuz; die Juden und die mit ihnen verbundene Jesusbewegung wurde stark verfolgt, Flucht, Elend und Tod waren die Folgen. Mittendrin schrieben die Evangelisten die Geschichte von Jesus auf und setzten damit Akzente der Hoffnung. Denn Jesus hatte sie immer wieder in einfachen Bildern zum Thema gemacht. Gab es Widerstand und Schwierigkeiten? Jesus sagte nicht: «Keine Sorge, ich habe alles im Griff», stattdessen benutzte er ein vertrautes Bild aus der Landwirtschaft: «Hört zu! Siehe, der Sämann ging aus, um zu säen. Und es geschah, als er säte, dass etliches an den Weg fiel; und die Vögel des Himmels kamen und frassen es auf…» In seinem Gleichnis vom Sämann beschrieb er das, was jeder kannte: Nicht alles war erfolgreich. Manche Arbeit war umsonst. Aber immer gab es am Schluss eine Ernte, überwog die Frucht. «Und anderes fiel auf das gute Erdreich und brachte Frucht, die aufwuchs und zunahm; und etliches trug dreissigfältig, etliches sechzigfältig und etliches hundertfältig. Und er sprach zu ihnen: Wer Ohren hat zu hören, der höre!»

Dieses Gleichnis vermittelte den Hörern damals sowie uns Lesern heute Hoffnung. Warum? Weil es unterstreicht, dass Erfolg oder Frucht nicht von uns abhängen. Gott schenkt dieses Ergebnis. Er kommt zu seinem Ziel. Schwierigkeiten und Misserfolge (Vögel, Unkraut und Dornen im Gleichnis) gehören dazu, werden aber das Wachstum von Gottes Einflussbereich nicht aufhalten. Gleichzeitig unterstreicht das Gleichnis, dass Erfolg und Frucht von uns abhängen, denn der Sämann muss auch arbeiten, sonst geschieht nichts. Offensichtlich geht es Jesus bzw. den Evangelisten, die dies nacherzählen, weniger darum zu zeigen, dass Gottes Reich automatisch wächst und niemand etwas tun muss. Sie ermutigen uns, mitten in chaotischen und schwierigen Zeiten, die Perspektive eines Bauern zu haben, der trotzdem sät: Es wird etwas aufgehen. Es wird Frucht geben. Ein Körnchen Hoffnung genügt.

Ein «Bäumchen» Hoffnung

Diese Hoffnungsperspektive hat Christinnen und Christen in allen Generationen ausgezeichnet: ein Vertrauen gegen den Augenschein. William Wilberforce kämpfte im England des 18./19. Jahrhunderts gegen die Sklaverei. Man wollte ihn nicht hören. Er hätte sich zurückziehen können und sagen: «Ich habe es versucht. Die gesellschaftlichen Realitäten stehen gegen mich. Es gibt keine Hoffnung.» Stattdessen brachte er 20 Jahre lang fast täglich einen Antrag zur Abschaffung der Sklaverei ins britische Parlament ein – trotz immenser Anfeindungen. Dann wurde seinem Antrag tatsächlich stattgegeben, aber nichts änderte sich. Also kämpfte Wilberforce weitere 26 Jahre, bis die Sklaverei endlich als ungesetzlich verboten wurde – drei Tage vor seinem Tod.

Hoffnung braucht eine Perspektive, die über den jetzigen Zustand hinausgeht. Sie braucht den Blickwinkel Gottes. Aber sie braucht auch Stehvermögen und das Wissen, dass unser Handeln vielleicht erst nach unserem Leben zum Tragen kommt. Der Reformator Martin Luther soll diesen Gedanken so geäussert haben: «Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.» Hoffnung braucht Perspektive, aber sie braucht genauso Durchhaltevermögen und Einsatz. Ein Bäumchen Hoffnung genügt.

Ein bisschen Hoffnung

Das Spannende bei biblischen und auch sonstigen Hoffnungsgeschichten ist, dass sie eigentlich nie mit der «grossen» Hoffnung beginnen. Es ist wohl kein Zufall, dass die meisten Bilder, die sich damit beschäftigen, wachstümlich sind und die Hoffnung darin klein beginnt. Hoffnung überfällt uns nicht als überwältigendes Gefühl, als unwiderstehliche Zuversicht, stattdessen besteht sie aus kleinen praktischen Schritten – eben Arbeit – und einer Perspektive, die ein «Blick durch den Horizont» ist. So übersetzt man Hoffnung in eine der Sprachen in Papua Neu-Guinea. Diese Perspektive ist eine echte Investition in die Zukunft, weil sie schon Auswirkungen auf unsere Gegenwart hat. Kein Wunder, dass ein Hoffnungswort von Paulus deshalb gern als Schlusssegen in Gottesdiensten verwendet wird: «Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und mit Frieden im Glauben, dass ihr überströmt in der Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes!» (Römer, Kapitel 15, Vers 13)

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Datum: 08.01.2025
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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